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natürliche Recht solcher Vervielfältigung aufheben? Noch mehr! Wenn der Nachdruck, um eines ausschließenden Erwerbrechts des Verlegers willen, natürlich widerrechtlich ist, so ist es z. B. das Declamiren von Poesien u. f. w. auch. Dem Verfasser kann es nicht anders als wünschenswerth und höchst vortheilhaft seyn, wenn Niemand, ohne Geld an ihn zu bezahlen, von seinen Geisteswerken etwas zu genießen bekömmt und wenn also auch Niemand etwas davon mündlich vorträgt, welcher nicht die Erlaubniß dazu so wie der Verleger zum Drucke käuflich an sich brachte. Hier, wie dort, wåre gleichmäßig Erwerb, warum also nicht auch ausschließendes Erwerbrecht? -Warum fordert Paulus für den Autor nicht auch ein ausschließendes Recht, sein Buch zu erklären, zu commentiren u. f. w.? Es könnte solches doch auch unter den Begriff der Erwerbung mit dem Buch gebracht und auch eine stillschweigende Clausel im Verkaufscon= tract diesfalls aufgestellt werden. Selbst bei wahren Gegenstånden des Eigenthums ist ein ausschließendes Erwerbrecht nicht in jeder Rücksicht vorhanden. Jede Erwerbungsart nåmlich, die nicht unmittelbar die Person oder die Sache des Eigenthums antastet, bleibt jedem Fremden frei. 3. B. meine Menagerie kann ein Fremder (da er sie etwa gegen ein Entrégeld besehen), Anderen beschreiben oder erklären. Eben so ein Theater, ein Concert, durch dessen Kritik ich etwas gewinne; ein Schloß, das ich (wenigstens von außen auch ohne Erlaubniß) beschrei ben, zeichnen (und dadurch erwerben) kann. Um wie viel mehr ist solches wahr bei bloßen Gedankendingen oder bloß intelligiblem also uneigenthümlichem Eigenthum, wie das an= gebliche auf das Geisteswerk Der Erfinder oder Verpflanzer einer neuen Getraide - oder Fruchtgattung håtte sonst auch das Recht zu fordern (wie er etwa den Wunsch oder das Interesse hat), daß die Käufer zwar auf ihrem Grund und Boden die Pflanzen fortbauen, aber keinen Samen weiter verkaufen. Sonach wäre ein Recht Raleigh's oder seiner Erben begründet, Jedermann, der nicht von ihm den Kartoffelsamen hat, oder ihn selbst aus Amerika holt, zu verbieten welche zu bauen!!

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Vergebens verwirft man die Analogie des Nachdrucks mit der Verfertigung von z. B. Gips-, Erz oder was irgend sonst für Abgüffen oder Abdrücken. Die Leichtigkeit, dergleichen zu machen, schmålert gleichfalls den Erwerb des Bildhauers oder auch des ersten Modellirers. Titel, Interesse und Recht sind hier wie dort dieselben.

Wie! ich habe etwa vermeinend, nicht gehört zu werden, oder auch wissend, daß man mich höre - auf der Flöte phantafirt. Habe ich dabei Allen verboten, oder konnte ich rechtskräftig

ihnen verbieten, das Gehörte in Noten zu sehen? Habe ich wirks lich das ausschließende Erwerbrecht auf diese meine Phantasie?

Ad 2. Wir nennen aber das Eigenthum auf ein Geisteswerk ein uneigentliches, weil das Geisteswerk für das Recht nichts ist ohne die Schrift (d. h. das beschriebene oder bedruckte Papier), die es in das Reich der Sinnlichkeit einführt. Mit der Schrift verbunden, theilt es nothwendig auch das Recht seiner unzertrennlichen Gefährtin und wird desjenigen, deffen die Schrift (das Exemplar) ist. Über dieser Sag bedarf einer weitern Ausführung:

Der Charakter des Eigenthums ist wirkliche von den Sinnen zu erfassende Verbindung einer Sache mit einer Person, das Durchdrungen seyn von meiner Persönlichkeit. Nichts ist mein (ausschließend mein), als ich selbst und das von mir Durchdrüngene. Mein Buch, als körpers liches Ding, ist zwar allerdings von mir durchdrungen: aber dieses Buch verkaufe ich ja und überlasse es also ins fremde Eigenthum. Dagegen der Text ist nicht von mir durchdrungen. Er durchdringt vielmehr selbst das Buch und ist gar keine Sache, die von mir durchdrungen werden kann. Uebrigens ist nur das durch Körperkraft Durchdrungene, z. B. das von mir Geformte oder in meinen körperlichen Besit Gebrachte, mein Eigenthum, und es kann also nur was der körperlichen Einwirkung empfänglich ist, mein Eigenthum werden: denn das Recht will nur in der Körperwelt den Conflict vermeiden; es ist nur das Gefeß für die sinnliche Wechselwirkung. Das bloße Durchdringen durch geistige Ausflüsse macht eine Sache mir nicht eigen, oder vielmehr die geistigen Zeugungen, als einer körperlichen Einwirkung unempfänglich, find gar keine Gegens stände des Eigenthums. Entweder besige ich sie noch ausschließend, d. h. sie sind factisch bei mir allein, oder sie sind es nicht und daher Gemeingut für Alle (mit Ausnahme der durch Contract Gebundenen). Nicht anders ist es mit solchen geistigen Zeugungen, wie mit einem Geheimniß. So lange ich dieses im Busen verwahre, gehört es factisch mein. Sowie ich es mittheile, ist es nicht mehr in meiner Gewalt, und nur specieller Vertrag, oder besonderes Versprechen desjenigen, welchem ich es eröffnete, kann mir ein Recht auf dieses Contrahenten Verschwiegenheit geben. Jeder Dritte aber, der es dann inne wird

etwa durch Wertbruch des Zweiten ist mir juristisch unverbunden. Es ist also kein Eigenthumsrecht hier gedenkbar, sondern bloß ein Vertragsrecht, oder in Ermangelung desselben ein Gewerbsrecht. Das leştere aber, als ausschließend

betrachtet, kann, wie wir schon oben bemerkten, nur burch posiz tive Einsetzung bestehen.

Das Geisteswerk ist nichts ohne die Schrift (und Papier u. f. w.), die es in das Reich der Sinnlichkeit einführt. Mit ihr verbunden, theilt es aber auch das Recht seiner unzer= trennlichen Gefährtin und wird desjenigen, deffen die Schrift (das Exemplar) ist.

So wenig die Idee, oder das vom Künstler geschaffene, in seinem Geiste ruhende Modell seines Gemäldes, oder seiner Sta= tue sein Eigenthum ist, oder bleibt, wenn er das Kunstwerk verkauft: so wenig ist das Buch im geistigen Sinn (die Folge der Gedanken u. s. w.) ein von dem Exemplar loszutrennendes Eigenthum. Und die größere Leichtigkeit, das erstere als das lektere nachzuahmen oder zu vervielfältigen, åndert an dem wefentlichen Rechtsverhältniß nichts; obschon sie ein politis scher Grund mehr ist, den Nachdruck zu verbieten, d. h. ein po= sitives Autorrecht zu statuiren. Ein Geisteswerk, oder das solches Werk versinnlichende Manuscript, woran ich Jahre lang gearbeitet habe, gehört mir nicht mehr an, als z. B. ein gefunde= nes altes Manuscript, das ich bloß abdrucken lasse. Es ist also der Umstand, daß ich ein Manuscript selbst verfaßt habe, auf mein Eigenthumsrecht von keinem wesentlichen Einfluß und keineswegs desselben Titel, sondern ein bloß zufällig hinzukommen= der, juristisch gleichgültiger Umstand. Die Geistesmühe oder geistige Schöpfung ist überhaupt kein Grund oder Gegenständ meines Rechtes, sondern bloß der Körper des beschriebenen oder bedruckten Papiers ist es; daher ich auch lehteres allerdings so lange ausschließend besigen mag, als ich es nicht durch Verkauf oder Schenkung an einen Undern übertrug. Es geht eine gewaltige Begriffsverwirrung vor, wenn man ein Geisteswerk einen Text abgesondert vom Manuscript oder Exemplar als im Eigenthum des Autors befindlich betrachtet.

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Mein ist ursprünglich bloß meine Person, mit allen ihren Gliedern, Gaben und Kräften.

Mein kann werden jede äußere Sache, womit meine Persönlichkeit in Verbindung gebracht werden kann, also nur kårperliche Sachen.

Die Ausflüsse meiner geistigen oder auch körperlichen Persönlichkeit, sobald oder sofern sie nicht verbunden sind mit derselben oder eine solche erneuerte Verbindung nicht zulassen, find nicht in meinem Eigenthum. Wer wird sagen, daß der Geruch, der Einem entströmt, oder daß Blicke und Mienen im Eigenthum desjenigen bleiben, von welchem sie ausgehen? Wer wird ein Eigenthum auf geäußerte Gefühle, auf vergossene Thrå

nen ansprechen?? So auch mit dem Geist. Der Gedanke, den ich ausspreche, ist von mir losgetrennt und müßte, um wieder mein werden zu können, einer erneuerten Verbindung mit meiner Person fähig oder empfänglich seyn, oder wieder zurückkehren können in mein Inneres. Dasselbe muß gesagt werden von einem långern Geisteswerk, welches im Buche steckt, oder die intelligible Grundlage des gedruckten Buches ist. Dieses Geisteswerk nämlich ist nicht durchdrungen von meiner Persönlich keit, sondern es war in meinem Geiste und so lange auch mein. Als es in die Sinnenwelt, im Abdruck, oder in Zeichen gehüllt, eintrat, gehörte es gleichfalls mir, solange ich es besaß (d. h. ber Abdruck oder die sinnliche Hülle gehörte mein): aber das Werk selbst, als nicht mehr bloß im Geist befindlich, müßte occupirt und formirt werden, um mein zu werden, welches nicht möglich, oder ohne Sinn ist...

„Mein Buch als mein Geisteswerk bezeichnend, ist also ein uneigentlicher Ausdruck und involvirt kein Eigenthumsrecht.

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Ich habe nicht eben darum das Recht das Buch drucken zu lassen, weil es geistig mir angehörend oder meinem Geiste entflossen ist, sondern weil das Manuscript mein gehört oder in meinem Besite ist. Eben so der Nachdrucker. Er macht keinen Anspruch auf das Eigenthum des Geisteswerks, sondern nur auf jenes des Exemplars; er vervielfältigt auch nur dieses, nicht jenes.

Es gibt nur einen Text (geistig genommen), abertausend Exemplare, d. h. tausendmal vervielfältigte finnliche Dar stellungen solches Tertes. Ob hundert oder hunderttausend solcher Darstellungen seyen: der Text, geistig, ist immer nur einer und derselbe und mag höchstens durch das Plagium, nicht aber durch Nachdruck mir entzogen werden. Er leider weder Vermeh! rung, noch Verminderung, noch Zerstörung; es sey denn durch Zerstörung des lesten Exemplars, wo jedoch die Erneuerung aus dem Gedächtniß noch möglich bleibt. Also findet auch keine Entfremdung, Veräußerung, Vindication desselben statt. Er ist weder Hauptsache noch Nebensache des Exemplars, er gehört gar nicht in das Reich der Sachen, er kann nicht occupirt, nicht formirt, nicht übertragen werden; er ist juristisch gar nichts; nur das Sinnliche, d. h. die Darstellung ist et was und diese ist nicht des Autors fondern jedes rechtlichen Besizers eines Exemplars. Ja, selbst die Darstellung ist nichts Juridisches, kein Gegenstand eines Eigenthums, wofern sie nicht eine körperliche ist und hiedurch zur wahren Sache wird. Eine bloß in lebendiger Rede oder Gesang geschehene Darstellung, z. B. wie einst der homerischen Lieder durch die Rhapso

den, ware wohl sinnlich, nicht aber an einen Körper (beschriebene Blåtter) geknüpft und darum nimmer fähig, Gegenstand des Eigenthums zu seyn. Zwischen vervielfältigter mündlicher und schriftlicher Darstellung macht also bloß der Körper der Schrift den juristischen Unterschied; dieser Körper allein unterliegt dem Sachenrecht, aber darum auch dem gemeinen, für alle Sachen gültigen Recht; d. h. er geht durch Uebertragung völlig und unbeschränkt ins fremde Eigenthum über. Bom Tert kann juridisch gar keine Notiz genommen werden; in Ansehung seiner ist kein Unterschied zwischen der mündlichen und schriftlichen Mittheilung. Das Innehaben, das Mittheilen, das Vervielfältigen ist bloß That oder Factum, nämlich ist mir nur factisch möglich oder unmöglich und gehört ins Personenrecht, oder ins Recht bloßer eigener Handlungen, d. h. hier waltet volle Freiheit, solange nicht auf fremde Sachen oder Personen dadurch verlegend eingewirkt wird, oder solange nicht eine positive oder eigens übernommene Verpflichtung mich beschränkt.

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Habe ich ein natürlich kräftiges Eigenthum auf mein Geis steswerk auch noch nach seiner Bekanntmachung, so muß es gültig gegen Jedermann ohne alle Ausnahme, also auch gegen Chinesen und Mexikaner seyn. Es ist eine rein willkürliche Bestimmung und welche daher nur von einer positiven Gesezgebung ausgehen kann, wenn man die Wirksamkeit solches Eigenthumsrechts nur auf die Genossen eines engeren literarischen Verkehrs. wie doch Paulus wirklich thut — oder gar nur auf die Genossen desselben Staates oder Staatenbundes be= schränken will. Meine Sache ist mein gegen die ganze Welt; ja, eher noch könnte man den Nachdruck einheimischer Werke ges feßlich erlauben das Opfer solcher Rechtsbeschränkung von den Schriftstellern etwa aus Bürgerpflicht fordernd — als den Nachdruck fremder Werke, d. h. als Beraubung eines frems den, uns mit keinen Pflichten zugethanen Verfassers. wenn auch der Nachdruck, welcher in China oder in Mexiko geschähe, mir nicht unmittelbar so nachtheilig oder verhaßt ist, als jener in Deutschland; so wäre es doch gewiß auch sehr vortheils haft für mich, wenn die amerikanischen und asiatischen Verleger, so gut wie die deutschen und französischen, schuldig erachtet würden, die Erlaubniß zum Druck meines Werkes von mir erst zu erkaufen.

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Aber die hohe Gefährlichkeit des Anerkenntnisses eines solchen natürlichen Eigenthumsrechts auf Geisteswerke ist augenscheinlich. Hiernach könnten heutzutage noch die Nachkommen eines Taut und Guttenberg und noch weit mehr jene eines Shak

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