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nanzverwaltung der Römer vier Perioden unterscheiden, von denen die erste bis auf den Beginn ausseritalischer Eroberungen, deren Resultat die Abschaffung des tributum im J. 167 v. Chr. war, die zweite bis zum Ende der Republik, die dritte von Augustus bis Diocletian geht, die vierte endlich, welche wir hier nicht berücksichtigen werden, die nachconstantinische Zeit umfasst.

Erste Periode.

bis 167 v. Chr.

Sowie die einzelnen Institute des römischen Staates, z. B. die Priesterthümer 611), und die in demselben enthaltenen einzelnen Communen eine Fundirung in liegenden Gründen hatten, aus deren Ertrage dieselben ihre Ausgaben bestritten 12), so waren auch die regelmässigen Bedürfnisse des älteren römischen Staates selbst auf die Einkünfte des Staatsgrundbesitzes angewiesen. Hiezu gehörten erstens die loca publica in der Stadt, von welchen ein Theil zwar ohne Ertrag war, wie die für den Gottesdienst und die politischen Geschäfte und den Verkehr bestimmten Gebäude, Strassen und Plätze 13), ein anderer aber durch Ueber

611) S. oben Anm. 304 ff.

12) S. oben Anm. 371-380. Auch in späterer Zeit wurden neue Institute auf Landbesitz fundirt, wie z. B. die Unterhaltung einer Wasserleitung. Frontin. de aquaed. 118. Commoda publicae familiae ex aerario dantur: quod impendium exoneratur vectigalium reditu ad ius aquarum pertinentium. Ea constant ex hortis aedificiisve, quae sunt circa ductus aut castella aut munera aut lacus. Quem reditum prope sestertiorum ducentorum quinquaginta millium, alienatum ac vagum, proximis vero temporibus in Domitiani loculos conversum, iustitia Divi Nervae populo restituit. Ein anderes Beispiel giebt die Stiftung des Plinius, von der es ep. VII, 18 heisst: pro quingentis millibus nummum, quae in alimenta ingenuorum ingenuarumque promiseram, agrum ex meis longe pluris actori publico mancipavi: eundem vectigali imposito recepi, tricena millia annua daturus. Oder man stiftete ein Capital, z. B. bei Anlage eines Bades zur Bestreitung der Heizung. S. die Inschrift von Tenos C. I. Gr. n. 2336. Vgl. oben über die Alimentationsstiftungen Anm. 584 ff.

13) Pomponius Dig. XVIII, 1, 6 pr. ut sacra et religiosa loca, aut quorum commercium non sit, ut publica, quae non in pecunia populi, sed in publico usu habeantur, ut est campus Martius. Ulp. Dig. XLIII, 8, 2 §. 3. Publici loci appellatio quemadmodum accipiatur, Labeo definit, ut et ad areas et ad insulas et ad agros et ad vias publicas itineraque publica pertineat.

lassung von Bauplätzen an Privatleute gegen eine Abgabe (solarium 614]), oder durch opera publica, deren Benutzung man ebenfalls gegen eine Abgabe verstattete, nutzbar gemacht wurde, wie z. B. aus den Wasserleitungen 15), Cloaken 16) und Tabernen 17) eine Einnahme für das Aerarium gewonnen wurde. Den bedeutendsten Theil des Staatseigenthumes bildete aber zweitens der ager publicus, der seit der Gründung Roms bestand 18) und durch die Erweiterung des Gebietes sich immer mehr vergrösserte. Es ist oben erwähnt worden, dass man bei jeder neuen Landerwerbung ein Drittel des eroberten Gebietes zur Domaine zu schlagen pflegte 19), welches man theils zur Anlage von Colonien ge

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614) Das solarium ist ohne Zweifel eine alte Abgabe und kommt warscheinlich in der lex Thoria c. 46 vor, wo mit Huschke, Ueber den Census der fr. Kaiserzeit S. 37 zu lesen ist: decumas solarium scripturam ; wir haben darüber aber erst aus späterer Zeit nähere Nachricht. Digest. XLIII, 8, 2 §. 17. si quis nemine prohibente in publico aedificaverit, non esse eum cogendum tollere, ne ruinis urbs deformetur · si tamen obstet id aedificium publico usui, utique is, qui operibus publicis procurat, debebit id deponere, aut si non obstet, solarium ei imponere. Vgl. Dig. VII, 1, 7 §. 2. XIII, 7, 17. XXX, 1, 39 §. 5. Frontin. a. a. 0. Genaueren Aufschluss geben darüber die im J. 1777 in Rom gefundenen, theilweise bei Orelli, Inscr. n. 39 abgedruckten und von Rudorff, Zeitschr. f. gesch. Rechtsw. XI, S. 219–238 erläuterten, vollständig von Mommsen in derselben Zeitschrift XV, S. 335 ff. herausgegebenen Urkunden, in welchen der Freigelassene Adrastus, der Aufseher über die Antoninssäule, im J. 193 den Kaiser Severus bittet, sich neben der Säule ein Haus bauen zu dürfen, und die Erlaubniss dazu erhält, praestaturus solarium sicut caeteri. Dass früher die Erlaubniss zu einem solchen Bau vom Senat ertheilt wurde, schliesst Mommsen S. 340 aus einer im Museum Kircherianum befindlichen Bronceplatte, die auf zwei Seiten die Inschrift hat S. P. Q. R. Dedit Locum | TI. IVLIO AVG. L M. NESTORI (Mnestori).

15) Von der Zeit der Republik Frontin. de aquaed. 94. Et haec ́ipsa (aqua) non in alium usum, quam in balnearum et fullonicarum dabatur; eratque vectigalis, statuta mercede, quae in publico impenderetur. Vgl. 95. Ex quo manifestum est, quanto potior cura maioribus communium utilitatum quam privatarum voluptatum fuerit, cum etiam ea aqua, quam privati ducebant, ad usum publicum pertineret. Seit Augustus wurde das Wasser durch eine Concession auf Lebenszeit umsonst verliehen. Frontin. 1. 1. 105. 107.

16) Das cloacarium, welches man für die Leitung von Privatcloaken in die öffentlichen zahlte, wird erwähnt Dig. VII, 1, 27 §. 3. XXX, 1, 39 §. 5. Ueber die Cloaken s. Schmidt, Die interdicta de cloacis in Ztschr. f. gesch. Rechtswiss. XV, 1 S. 51 ff.

17) Liv. XXVII, 11. Locaverunt (censores) inde reficienda, quae circa forum incendio consumta erant, septem tabernas, macellum, atrium regium. Vgl. Th. I S. 295-297. Tertull. Apologet. 13. und mehr bei Dirksen, Civilist. Abh. II, S. 293. Burmann, de vect. p. 203.

18) Dionys. II, 7. Vgl. III, 1.
19) S. Th. III, 1 S. 14. 314 f.

brauchte, theils verkaufte, theils zum Besten des Aerar's verpachtete. Die verpachteten Staatsgüter, welche in älterer Zeit so lange die Viehzucht überwiegend war, den Namen pascua führten 620), bestanden aus Ackerland und Weideland 21), wozu auch die Waldungen gerechnet werden 22), insofern man dieselben nicht zu besondern Zwecken, z. B. für den Gebrauch von Pechhütten, verpachtete 23); ferner Seen und Flüssen 2). Ihre Verpachtung lag den Censoren ob, und die vectigalia 25) aus ihnen

620) Plin. H. N. XVIII, 3, 11. Etiamnunc in tabulis censoriis pascua dicuntur omnia, ex quibus populus reditus habet, quia diu hoc solum vectigal fuerat.

21) pascua publica in Apulien Liv. XXXIX, 29.

ubi

22) Varro de L. L. V §. 36. Quos agros non colebant propter silvas et id genus, ubi pecus posset pasci, et possidebant, ab usu suo saltus nominaverunt. Aelius Gallus bei Festus p. 302b Müll. Saltus est, silvae et pastiones sunt. Cic. de 1. agr. I, 1, 3. Utrum tandem hanc silvam in relictis possessionibus an in censorum pascuis invenisti? Dig. L, 16, 30 §. 5. Pascua silva est, quae pastui pecudum destinata est. Frontin. de contr. agr. p. 54 L. Siculus Faccus p. 163 L. Zu den pascuis gehört der Mons Gaurus (Cic. de 1. agr. II, 14, 36), der Silawald in Bruttien (Voss zu Virg. Georg. III, 209 ff. Cic. Brut. 22, 85); die montes Romani in Piceno (Sicul. Flacc. de cond. agr. p. 137 L.). Vgl. Ovid. Fast. V, 285 ff. Frontin. de contr. agr. p. 21 L. aut silvas, quas ad populum Romanum multis locis pertinere ex veteribus instrumentis cognoscimus, ut ex proximo in Sabinis in monte Mutela; und über die pascua und saltus in Apulia und Samnium Varro de r. r. II, 1, 2. Liv. XXXIX, 29.

23) Cic. Brut. 22, 85. Dig. L, 16, 17 §. 1.

24) Servius ad Virg. Georg. II, 161. In Baiano sinu Campaniae contra Puteolanam civitatem lacus sunt duo, Avernus et Lucrinus, qui olim propter copiam piscium vectigalia magna praestabant. Vgl. Valer. Max. IX, 1, 1. Paulus Diac. p. 121 Müll. Digest. XLIII, 14 §. 7. Publicano, qui lacum vel stagnum conduxit, si piscari prohibeatur, utile interdictum competere Sabinus consentit.

25) Vectigal, welches richtig von vehere abgeleitet wird (Isid. Orig. XVI, 18, 8. Vectigalia sunt tributa, a vehendo dicta), scheint ursprünglich von den Zehnten, die, wie unten gezeigt wird, in natura geliefert wurden, nicht aber von der Accise zu verstehn, wie Rein in Pauly's Realenc. VI S. 2402 annimmt. Vectigal hat den ursprünglichen Begriff der Grundsteuer, im Gegensatz zu stipendium oder tributum, der Vermögenssteuer. Vgl. Festus s. v. vectigal, wo nach Müller und Huschke, Verf. des Serv. Tullius p. 371 Anm. 34 zu lesen ist Vectigal aes appellatur, quod praeter tributum et equestre et hordearium populo debetur. Ueber den Begriff des vectigal s. Koczorowski, de loco publico fruendo. Berol. 1850. 8. p. 23. Das portorium hat von dem portus, der unter die loca publica gehört, nicht von den Waaren seinen Namen, weshalb Ulp. Dig. L, 16, 17 §. 1 sagt quale est vectigal portus vel venalium rerum. Polyb. νί, 17. πολλῶν δὲ ἐκδιδομένων) ποταμῶν, λιμένων, κηπίων, μετάλλων, zigas. Dig. I, 8, 4 §. 1. Sed flumina paene omnia et portus publica sunt. Vgl. Dureau de la Malle II p. 449.

bildeten die einzige regelmäfsige Haupteinnahme des Staates, der Verkauf von Domainen die gewöhnliche Aushülfe für unvorhergesehene Bedürfnisse. (S. Th. III, 1 S. 319.) Aus den Salinen, deren Betrieb auf Rechnung des Staates schon unter den Königen erwähnt wird 626), scheint anfangs kein Vortheil gezogen zu sein, da der Verkauf des Salzes wie der des Getreides von Seiten der Regierung hauptsächlich den Zweck hatte, dem Wucher zu steuern und den Preis niedrig zu halten 27). Erst im J. 204 v. Chr. wurde auf das Salz eine Steuer gelegt 28), indem die Censoren den Pächtern der Salzbergwerke, wie das auch bei andern Bergwerken geschah 29), den Verkaufspreis contractlich bestimmten, und zwar so, dass dabei ein Vortheil für das Aerarium erzielt wurde. Es ist aber zweifelhaft, wie lange diese Erhöhung des Salzpreises überhaupt gedauert hat; Livius nennt sie ungerecht, und schreibt sie dem Unwillen der damaligen Censoren gegen das Volk zu; zu Cicero's Zeit ist von einer Salzsteuer nicht mehr die Rede 30). Alles was ausser den Einkünften der Staatsgüter als regelmässige Einnahme der älteren Zeit er

626) Plin. H. N. XXXI, 7 (41) §. 89. Ancus Marcius rex salis modios sex mille in congiario dedit populo et salinas primus instiluit.

27) Liv. II, 9. salis quoque vendendi arbitrium, quia impenso pretio venibat, in publicum omni sumpto ademtum privatis, welche nicht ganz klaren Worte jedenfalls den Sinn haben, dass der Staat den Verkauf des Salzes übernahm.

28) Liv. XXIX, 37. Vectigal etiam novum ex salaria annona sta tuerunt. Sextante sal et Romae et per totam Italiam erat. Romae pretio eodem, pluris in foris et conciliabulis et alio alibi pretio praebendum locaverunt. Id vectigal commentum alterum ex censoribus satis credebant, populo iratum, quod iniquo iudicio quondam damnatus esset, et in pretio salis maxime oneratas tribus, quarum opera damnatus erat, credebant. Inde Salinatori Livio inditum cognomen.

29) So war der Verkaufspreis des minium in dem Bergwerk von Sisapo in der lex censoria festgestellt. Plin. H. N. XXXIII, 7 §. 118.

30) Cic. ad Att. II, 16, 1 sagt, es sei in Italien nur noch eine Steuer übrig, nämlich die vicesima. Indessen wurde das Salz noch immer vom Staate in Rom fabricirt und verkauft, aber zu gleichmässigen Preisen, und gehörte somit zu den Monopolen (Sueton. Tib. 30. Plin. H. N. VIII, 37, §. 135). Darauf bezieht sich das Fragm. des Cato aus der Rede gegen L. Furius Philus, dem ein Process gemacht war ob aquam publicam aversam. In dieser sagte Cato (bei Serv. ad Virg. Aen. IV, 244): De aqua quod attinet, ad salinatores aerarios, cui cura vectigalium, resignat. Die Erklärung der Worte ist zwar zweifelhaft, aber die salinatores aerarii sind, analog den gleich zu erwähnenden tribuni aerarii, ohne Zweifel Leute, die in Rom das Salz für Rechnung des Staates verkauften, und denen die aqua publica daher zugesprochen wird. Vgl. Festus p. 285a Müll.

wähnt wird, beschränkt sich auf ein portorium, welches bereits im zweiten Jahre der Republik abgeschafft sein soll 631) und erst am Ende der hier in Rede stehenden Periode wieder vorkommt, und eine im J. 357 v. Chr. durch ein Gesetz des Consuls Manlius Capitolinus eingeführte Luxussteuer, die vicesima manumissionum d. h. 5 Procent von dem Werthe der freizulassenden Sclaven 32). Die letztere kam indessen nicht in den EinnahmeEtat, sondern diente zur Anlage eines Resérvefonds, welcher im aerarium sanctius in Golde deponirt wurde, und, als man ihn im J. 209 v. Chr. angriff, aus 4000 Pfund Gold in Barren bestand 33).

Während sonach der regelmässige Etat ausschliesslich auf der Domaine fundirt war, wurden alle ausserordentlichen Bedürfnisse 34) namentlich die Kosten der Kriege 35) durch eine ausserordentliche Vermögenssteuer, das tributum 36), von den rö

631) Liv. II, 9. Dionys. V, 22. Plut. Pobl. 11.

32) Liv. VII, 16. Ab altero consule nihil memorabile gestum, nisi quod legem novo exemplo ad Sutrium in castris tributim de vicesima eorum, qui manumitterentur, tulit. patres, quia ea lege haud parvum vectigal inopi aerario additum esset, auctores fuerunt.

33) Liv. XXVII, 10. aurum vicesimarium, quod in sanctiore aerario ad ultimos casus servabatur, promi placuit. Prompta ad quatuor millia pondo auri. Da es Goldgeld damals nicht gab, so musste für die Annahme dieser Steuer ein legales Verhältniss des Goldes zum Silber bestehen, worüber vgl. Mommsen, Verfall des Röm. Münzwesens S. 184. Ueber das aerarium sanctius, das noch einige Male erwähnt wird, s. Drumann, R. G. III, S. 445.

34) So wird erwähnt der Bau einer Mauer um die Stadt Liv. Vl, 32. die Zahlung der Auslösungssumme an die Gallier Liv. VI, 14. Cic. pr. Flacco 32, 80. Commisisti, si tempus aliquod gravius accidisset, ut ex iisdem praediis et Apollonide et Romae imperatum esset tributum.

35) Daher heisst das tributum oft geradezu Kriegssteuer. Dionys. V, 20. τάξεις τῶν εἰς τοὺς πολέμους εἰσφορῶν. Theoph. Paraphr. Inst. I, 5 §. 4. σανὶς ἤτοι χάρτης, ἔνθα Ῥωμαῖοι ἀπεγράφοντο τὰς οἰκείας περιουσίας, ἐπὶ τὸ ἐν καιρῷ πολέμου κατὰ τὸ μέτρον τῆς ἰδίας ὑποστά σεws Exαoτov εloqéqɛw. (mehr bei Huschke, Serv. Tull. S. 489.) und die Ausdrücke stipendium und tributum werden identisch gebraucht, indem dasselbe Geld für die Zahlenden tributum, für die Empfänger stipendium ist. Liv. II, 9. XXIII, 48. XXIX, 15. XXXIII, 42. XXXIX, 7. Plin. H. N. XXXIV, 6 §. 23. Mehr bei Mommsen, R. Tr. S. 30. Huschke, Serv. Tull. S. 504 Anm. 25. Huschke, Ueber den Census der früheren Röm. Kaiserzeit S. 7 ff. Tac. Hist. IV, 74. Stipendia sine tributis haberi non possunt. Augustin. contra Faust. 22, 74. Ad hoc enim tributa praestantur, ut propter bella necessaria militi stipendium praebeatur.

36) S. Niebuhr, R. G. I, S. 518 ff. 523 ff. II, S. 454 ff. Huschke, Die Verf. des Serv. Tullius S. 488-508. Mommsen, Die Röm. Tribus

S. 26-30.

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