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folgenden Periode die italischen socii, nachdem sie alle das Bürgerrecht erlangt hatten, einen eigenen Bestandtheil des Heeres zu bilden aufhörten, gab es wieder nur zwei Classen von Soldaten, nämlich Römer und auxiliares.

D. Das Elitencorps des Feldherrn.

Den regelmässigen Truppen, aus welchen das Gros des Heeres besteht, sind endlich noch hinzuzufügen die Elitencorps, welche als extraordinarii denen, die in ordine dienten, entgegengesetzt werden, und in dem Lager von jenen räumlich geschieden sind. Wir haben oben gesehen, dass die socii ausser ihrem Hauptcontingent noch ein Corps von 4 cohortes extraordinariae, zusammen 1680 Mann, und von 2 alae extraordinariae, zusammen 600 Reiter, stellten; ebenso gab es in dem römischen Theile des Heeres ausserhalb der Legionen eine delecta manus imperatoris, welche, zu verschiedenen Zeiten. verschieden organisirt, schon früh erwähnt 1713) und seit dem jüngeren Scipio durch den Namen praetoria cohors bezeichnet wird 14). Sie war zusammengesetzt theils aus Veteranen, die dem Feldherrn zu Liebe für höheren Sold freiwillig Dienste uahmen (evocati 15]), theils aus jüngeren Leuten vornehmer Familien, die dem Dienst des gemeinen Soldaten durch den Eintritt in diese cohors entgingen 16), theils endlich aus einem kleinen Theile der equites extraordinarii sociorum, welche man ihres Ranges oder Verdienstes wegen in die Leibwache des Feldherrn aufnahm, so dass dieses Corps aus Fussvolk und Reiterei 17) von verschiedener und willkürlicher Stärke zusammengesetzt war 18).

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1713) Liv. II, 20. Dictator Postumius cohorti suae, quam delectam manum praesidii causa circa se habebat, dat signum.

14) Paulus p. 223 M. Praetoria cohors est dicta, quod a praetore non discedebat. Scipio enim Africanus primus fortissimum quemque delegit, qui ab eo in bello non discederent et cetero munere militiae vacarent et sesquiplex stipendium acciperent. Als der jüngere Scipio 134 nach Numantia zieht, heisst es bei Appian. de r. Hisp. 84. nai nɛláτas ἐκ Ρώμης καὶ φίλους πεντακοσίους, οὓς ἐς ἴλην καταλέξας ἐκάλει φίλον ἴλην.

15) S. Anm. 1633-1648.

16) S. Anm. 1618 ff. 1524 ff.

17) Sall. Jug. 98 von Marius: Sed cum turma sua, quam ex fortissumis magis quam familiarissumis paraverat, vagari passim.

18) Bei Plut. Ant. 53 führt Octavia dem Antonius zu mikéntovs

Weil bei Polybius VI, 31, 2 als Bestandtheile dieser Elite 1719) angeführt werden οἱ τῶν ἐπιλέκτων ἱππέων ἀπόλεκτοι και τινες τῶν ἐθελοντὴν στρατευομένων τῇ τῶν ὑπάτων χάριτι, so hat man geschlossen, dass die Reiterei der delecta manus ausschliesslich aus Bundesgenossen bestanden habe, und aus den extraordinarii equites durch nochmalige Auswahl gebildet sei; allein theils werden in der Leibwache des Feldherrn römische Ritter ausdrücklich erwähnt 20), theils wissen wir, dass nach der im J. 402 erfolgten Veränderung in der Organisation der römischen Reiterei die equites equo publico sich von dem Dienste in den Turmen der Legion allmählich zurückzogen, und zuletzt allein in der Garde des Feldherrn dienten 21).

E. Das verbundene Heer.

Das gewöhnliche consularische Heer von zwei Legionen hatte also mit Hinzurechnung der dazugehörigen Truppentheile eine Gesammtstärke von 18,480 Mann Infanterie und 1100 Mann Cavallerie, ungerechnet die delecta manus imperatoris und die Auxiliares; seine normale Zahl konnte aber durch Verstärkung der Legion auf 5000 Mann und entsprechende Vermehrung der Bundesgenossen bedeutend vergrössert werden. Das Commando des ganzen Heeres führten bis zum zweiten mithridatischen Kriege vorzugsweise die Consuln oder Praetoren in der Zeit ihres Amtsjahres; seitdem ausschliesslich proconsules oder propraetores 22); ihnen werden ausser dem quaestor wenigstens zwei legati beigegeben, welche, auf ihren Vorschlag vom Senate ernannt 23), in der Schlacht den Befehl über die verschiedenen

στρατιώτας δισχιλίους εἰς στρατηγικὰς σπείρας κεκοσμημένους ἐκπρεπέσι Tavолliais. Also 2000 statt der 500 des Scipio. Die praetoria cohors, aus welcher die praetorischen Cohorten der Kaiserzeit entstanden sind, kommt sonst noch mehrmals vor. Sall. Cat. 61. Caes. B. G. I, 40. 1719) Klenze, Philolog. Abhandlungen, S. 123, der diese Elite der equites auch mit Unrecht mit den evocatis identificirt. Evocati sind vielmehr die, welche bei Polybius &ɛlovτηv orqatεvóμεvoi heissen.

20) Dionys. IX, 65. ὅ γε ὕπατος καὶ οἱ σὺν αὐτῷ Ῥωμαίων ἱππεῖς Exilento. Liv. XXII, 49 von der Schlacht bei Cannae : Paullus · aliquot locis proelium restituit, protegentibus eum equitibus Romanis. 21) S. oben Anm. 1626--1601.

22) S. Th. III, 1 S. 276 f.

23) S. Th. III, 1 S. 281.

Heerestheile nach Anordnung des imperator übernehmen 1724). Auch der Dictator hatte ausser dem magister equitum 25) mehrere legati 26). Zogen beide Consuln mit ihren Heeren zu einer gemeinsamen Unternehmung aus, so wechselte der Oberbefehl über das ganze Heer unter ihnen, insofern sie sich nicht anders verglichen, alle Tage 27).

Wir haben im Folgenden in Beziehung auf das verbundene Heer drei Puncte zu erörtern: die Lagerordnung, die Marschordnung und die Schlachtordnung.

1. Das Lager. Die Beschreibung, welche Polybius 28) von einem römischen Lager für ein consularisches Heer von zwei Legionen und die dazugehörigen Bundesgenossen und Auxiliar

1724) Liv. X, 40. subsidiaque suis quaeque locis et praefectos subsidiis attribuerat: dextro cornu L. Volumnium, sinistro L. Scipionem, equitibus legatos alios C. Cdedicium et Trebonium praefecit. X, 43. D. Brutum Scaevam legatum cum legione prima et decem cohortibus alaris equitatuque ire adversus subsidium hostium iussit. XXXI, 21. M. Furius dextrae alae, legionibus M. Caecilius, equitibus L. Valerius Flaccus (legati omnes erant) praepositi. XXXV, 5. Sinistra sociorum ala et extraordinarii prima in acie pugnabant. praeerant duo consulares legati M. Marcellus et Ti. Sempronius. extra aciem in locum patentem Q. et P. Minucios tribunos militum educere iussit. Aus der letzten Bemerkung ersieht man, dass die nicht in regelmässiger Function stehenden Tribunen ebenfalls ein besonderes Commando erhielten.

25) S. Th. II, 2 S. 176 ff.
26) Liv. II, 20. IV, 17.
27) S. Th. II, 2 S. 119.

- equites

28) Hauptstelle ist Polybius VI; 27-32. Eine zweite ausführliche Beschreibung des römischen Lagers, welche sich auf die Zeit des Trajan bezieht, wird weiter unten besprochen werden, giebt aber auch für das alte Lager einige Aufschlüsse. Sie ist enthalten in Hygini Gromatici liber de munitionibus castrorum herausg. von R. H. Schele. Amstelod. 1660 und in Graevii thesaur. ant. Rom. Vol. X p. 999 ff.; und neuerdings mit einem kritisch berichtigten Texte und gelehrten Commentare von Chr. Conr. L. Lange. Göttingen 1848. 8. Ausserdem handelt vom römischen Lager Josephus B. Jud. III c. 5 und Vegetius III, 8. Von neueren Untersuchungen sind zu nennen: Fr. Patricii res mil. Rom. ex lingua Ital. in Lat. versa a Lud. Neocoro in Graevii thes. A. R. X p. 821 sq. Lipsius de mil. Rom. V c. 1-12. Stewechius in seiner Ausg. des Vegetius. Antw. 1585. 4. Du Choul, Discours sur la castrametation et discipline militaire des Romains. Wesel 1672. 4. Rettig, Polybii castrorum Romanorum formae interpretatio. Hannov. 1828. 4. Nast u. Rösch, Röm. Kriegsalterth. S. 179 ff. Roy, the military antiquities of the Romans in Britain and particularly their ancient system of castrametation. London 1793. Klenze, Das röm. Lager und die Limitation in Klenze, Philolog. Abhandl. herausg. von Lachmann. Berlin 1839. 8. S. 106 ff. Planer, de castris Romanis. Berol. 1842. Lange, hist. mut. rei mil. Rom. p. 63 ff.

truppen giebt, hat den neueren Forschern in dreierlei Beziehung Schwierigkeiten erregt ; einmal, weil sie nicht vollständig ist 1729), sodann, weil sie eine normale Form des Lagers darstellt, welche bei einem combinirten Lager für zwei consularische Heere regelmässig angewendet wurde, bei einem einfachen für ein consularisches Heer aber eine wesentliche Veränderung erlitt 30); endlich, weil sie sich an das Aeusserliche hält, ohne das Princip der Lagerabsteckung, nämlich die Theorie der Limitation, welche, wie bei der Ackervermessung und der Anlage von Colonien 31), so auch bei der Metation des Lagers zur Anwendung kam 32), einer näheren Berücksichtigung zu unterwerfen.

Das römische Lager für zwei Legionen bildete in seiner normalen Form (Taf. I, Fig. 1.) nach Polybius' weiter unten näher zu erklärenden Angabe ein Quadrat 33), dessen Mittelpunct der Schnittpunct der beiden Hauptstrassen des Lagers ist, welche, in ihm sich rechtwinklich schneidend, das Lager in vier Rechtecke theilen und den Wall an vier Puncten treffen, wo die vier Thore des Lagers ihre Stelle haben. Von diesem Mittelpuncte aus geschah die Anlage des Lagers in folgender Weise, entsprechend dem bei der Limitation üblichen Verfahren. Der Messende bestimmte vermittelst eines dioptrischen Instrumentes (groma 34]) von dem Mittelpuncte aus, der ebenfalls groma

1729) Sie ist genau in Betreff der römischen Truppen, aber flüchtig in Betreff der socii. Wo z. B. die praefecti der socii ihre Stelle haben, ist nicht angegeben. Ebenso fehlt eine Angabe über die Thore, die Zelte der legati, und mehrere andere Puncte.

30) S. hierüber das Genauere weiter unten.

31) S. Th. III, 1 S. 343 f. und jetzt Die Schriften der Röm. Feldmesser herausg. und erläutert von Blume, Lachmann und Rudorff. Bd. II. Berlin 1852. S. 227 ff.

32) Dies hat besonders Klenze nachgewiesen.

33) Polyb. VI, 31, 10. τὸ μὲν σύμπαν σχῆμα γίγνεται τῆς στρατοπεδείας τετράγωνον ισόπλευρον. Josephus B. Jud. III, 5, 1.

34) S. Th. III, 1 S. 344 Anm. 2258. Ausführlich handelt darüber Lange ad Hyg. p. 145 ff. Rudorff a. a. O. S. 335 ff. Die Abhandlung von Cavedoni Della Groma osia ferramento agrimensorio, figurato in un cippo sepolcrale d'Ivrea im Bullettino Archeologico Napoletano 1852 p. 69 ff. habe ich noch nicht gesehen. Paulus p. 96 Müll. Groma appellatur genus machinolae cuiusdam, quo regiones agri cognosci possunt, quod genus Graeci prouova dicunt. Nonius p. 44 G. Est autem gruma mensura quaedam, qua fixa viae ad lineam dirigantur, ut est agrimensorum et talium. Ennius libro XVIII: gruma dirigere dixit et degrumari ferrum. Lucilius lib. III: viamque Degrumaberis ut castris

heisst 1735), die vier Linien, durch welche die vier Strassen vorgezeichnet werden. Mit dem Gesicht nach Westen gewendet 36),

mensor facit olim. Das griechische vua (Suidas s. v. Hesych. s. v. Eustath. ad Od. I p. 1404 extr.) scheint damit identisch. Gloss. Labb. Gruma, βασιλικὴ γνώμη, γνώμων, διόπτρα ἡ τῶν γεωμετρῶν. Suidas I p. 1122 Bernh. s. v. γνώμη. λέγεται δὲ καὶ γνώμων κανόνιόν τι μηχανικὸν, καὶ δὴ καὶ τι σχῆμα γεωμετρικὸν καὶ διοπτρικοῦ ὀργάνου μέρος. Das Instrument selbst ist so zu denken: Auf einem eisernen Fussgestelle oder Messtisch (ferramentum Grom, Vet. p. 191, 18. 285, 15), wovon auch das ganze Instrument benannt wird (ib. 33, 3. 183, 6. 10. 14), ist ein doppeltes, rechtwinklich durcheinander gelegtes Diopterlineal angebracht. Auf den vier Armen desselben stehen senkrecht vier Diopter (cornicula), durch deren Oeffnungen Fäden (fila, nerviae) gelegt sind. Beim Visiren müssen die Fäden der einander sich gegenüberstehenden Dioptren sich decken. (Frontin. p. 32, 19.)

1735) Nonius p. 44 G. Grumae sunt loca media, in quae directae quattuor congregantur et conveniunt viae. Hygin. de mun. castr. 12. In introitu praetorii partis mediae ad viam principalem gromae locus appellatur quod turba ibi congruat, sive in dictatione metarum posito in eodem loco ferramento groma superponatur, ut portae castrorum in conspectu rigoris stellam efficiant. Hygin. de limit. const. p. 180. Quibusdam coloniis postea constitutis, sicut in Africa Admederae, decimanus maximus et Kardo a civitate oriuntur et per quattuor portas in ・morem castrorum ut viae amplissimae limitibus diriguntur. Haec est constituendorum limitum ratio pulcherrima. Nam colonia omnes quattuor perticae regiones continet et est colentibus vicina undique, incolis quoque iter ad forum ex omni parte aequale. sic et in castris groma ponitur in tetrantem, qua velut ad forum conveniatur. Suidas I p. 1122 Bernh. Ολίγον ἐξωτέρω τῆς στρατηγίδος σκηνῆς χωρίον τι ὥσπερ ἀγορὰ ἀπεδέδεικτο, ὃ δὴ γνῶμα προςηγορεύετο. ἐκεῖσε δὲ αἱ πρεσβεῖαι καὶ αἱ ἀγγελίαι καὶ ὅλα ἐγίνοντο. Ich habe nach diesen Stellen die groma als Mittelpunct des Quadrates angenommen, und in die Mitte der via principalis gelegt, während Klenze sie auf dem Rande derselben ansetzt, und deshalb auch die Thore nicht in die Mitte, sondern an die Seite der Strasse zu legen genöthigt ist. Dies steht nicht nur mit der Stelle des Hygin, wonach iter ad forum ex omni parte aequale sein soll, im Widerspruch, da nach Klenze von der groma bis zur porta decumana 1250, bis zur porta praetoria nur 1200 Fuss sind, sondern verwirrt auch überhaupt die Mafsverhältnisse des Lagers, deren richtige Bestimmung ich weiter unten versuchen werde.

36) Bei der Anstellung der Auspicien wendete man sich mit dem Gesicht nach Süden und zog zuerst den cardo von Norden nach Süden; links war dann Osten, rechts Westen. Varro de 1. 1. VII, 7. Paulus p. 220 M. Sic etiam ea coeli pars, quae sole illustratur ad meridiem, antica nominatur, quae ad septentrionem, postica; rursumque dividuntur in duas partes, orientem et occidentem. Festus p. 339a s. v. sinistrae aves. Doch kommt es schon bei der ersten Inauguration vor, dass zuerst der decumanus, d. h. die Linie von Osten nach Westen gezogen wird, wo dann rechts Süden und links Norden ist (Liv. I, 18. Augur regiones ab oriente ad occasum determinavit; dextras ad meridiem partes, laevas ad septentrionem esse dixit.) Livius beschreibt an der angef. Stelle indess den Ritus nach der zu seiner Zeit gebräuchlichen Verfahrungsweise; nach der alten etruscischen Disciplin wendete sich bei dem Ziehen des Decumanus der Augur nach Westen, so dass ihm Norden rechts und Süden links

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