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zwischen Reformierten, Lutheranern und böhmischen Brüdern, welche am 14. April 1570 auf einer gemeinsamen Synode zu Sendomir geschlossen und später mehrfach bestätigt wurde. Die gesamten Ergebnisse dieser Synodenreihe bis zur Generalsynode zu Thorn 1595 gehen unter dem Titel „Consensus Poloniae" (Niem. 551 ff. Erbkam in PRE2 Bd. 14). 5 Später diente das Religionsgespräch zu Thorn 28. August bis 21. November 1645 Unionswünschen. Die beteiligten reformierten Theologen legten ein neu formuliertes Bekenntnis vor, zum deutlichen Zeichen, daß sie eine kirchlich anerkannte Lehrschrift der polnischen Reformierten überhaupt nicht vorweisen konnten. Diese Declaratio Thoru- 10 niensis (Niem. 669 ff. D. Erdmann in PRE2 Bd. 15. Fr. Jakobi, das liebreiche Religionsgespräch zu Thorn. Gotha 1895) bietet nichts Originelles, so daß es auch unter diesem Gesichtspunkte nicht veranlaßt erscheint, sie mitzuteilen. Allerdings erlangte sie einen Schatten von kirchlicher Bedeutung dadurch, daß sie nach der Conf. Sig. und neben 15 dem Protokoll des Leipziger Religionsgesprächs von 1631 unter die tres confessiones Marchicae" aufgenommen ward.

V. Vorreformatorische Gruppen.

22. Böhmisches Bekenntnis von 1609. [E. Loescher, Außführliche Historia Motuum zwischen den Evang. Lutherischen und Re- 20 formirten. 3. Bd. Frankf. u. Leipz. 1724. J. Chr. Koecher, Die drey Letzte und Vornehmste Glaubens - Bekenntnisse der Böhmischen Brüder. Frankf. u. Leipz. 1741. B. Czerwenka, Geschichte der Evangelischen Kirche in Böhmen. 2. Bd. Bielefeld u. Leipz. 1870. G. Loesche, Geschichte des Protestantismus in Oesterreich. Tüb. u. Leipz. 1902. 25 J. Müller, Böhm. Brüder in PRE3 Bd. 3.] Nach mehreren vorreformatorischen Bekenntnissen hat die böhmische Brüder-Unität während des 16. Jahrhunderts mehrfach Gelegenheit genommen, Zeugnis von ihrem Glauben zu geben. Zur Orientierung für den Markgrafen Georg von Brandenburg verfaßten die Brüder 1532 eine „Apologie", welche im nächsten 30 Jahre zu Zürich, dann zu Wittenberg und später mehrfach gedruckt wurde (A. Gindely, Quellen zur Geschichte der Böhm. Brüder. Fontes rerum Austriacarum. II. Abt. Bd. 19. Wien 1859. S. 454). Offiziellen Charakter gewann das Bekenntnis, welches eine Überarbeitung der Apologie 1535 der Brüderadel dem König Ferdinand überreichte, 35 und welches später auch von den Brüdern in Polen anerkannt wurde (lat. gedr. Wittenberg 1538 u. öfter. Bei Niem. p. 771 ff.). Diese beiden Schriften stammen aus der Periode bewußter Annäherung an Luthers Lehrweise und können als „reformierte" Konfessionen nicht in Betracht kommen. Eine Umarbeitung der Schrift von 1535 legte die Unität im 40 Jahre 1564 dem Kaiser Maximilian II., auch dem König Sigismund August von Polen vor, um für ihre mit der Augsburgischen Konfession stimmende Lehre Anerkennung zu finden. Reformiert ist auch diese Schrift nicht, obgleich die Philippisten sie rühmten, und ihre Abendmahlslehre sich Calvin einigermaßen nähert (deutsch Wittenberg 1573 45 Lat. in der Harmonia Conf.). - Der Regierung gegenüber galten die verschiedenen evangelischen Strömungen in Böhmen noch immer als

einfache Fortsetzung des alten Utraquismus. Handelte es sich da die Freiheit des Glaubens zu behaupten und endgültig zu sicher konnten die Evangelischen nur vereint auftreten. In diesem schufen sie 1575 eine Glaubensformel, welche als Confessio Boh 5 schlechthin bezeichnet werden kann (Original böhmisch; deutsch Basel 1575; lat. Frankf. 1619. Niem. p. 819 ff.): auf dem Lan zu Prag wurde dieses Unionsbekenntnis 18. Mai 1575 dem K Maximilian II. überreicht. Dasselbe ist staatsrechtlich von hö Wichtigkeit: denn in den Verhandlungen mit Rudolf II., die am 12 10 1609 endlich zur Ausgabe des Majestätsbriefes führten, bildete Basis, auf welche die Evangelischen sich immer wieder stellten. der Majestätsbrief konzessioniert ausdrücklich eben den utraquisti Glauben, welchen das Bekenntnis von 1575 zum Ausdruck 1 (K. Kuzmány, Urkundenbuch zum oesterr. evang. Kirchenrecht. 15 1856. S. 23 f.). Als reformiertes Bekenntnis darf aber die allg gehaltene Schrift, welche mit Weisheit und Geschick alte Utraqu Brüder, Lutheraner und Reformierte zu umfassen wußte, nicht g Neben diesem Bekenntnis, welches sie nur staatlich deckte, ging jede Gruppe ihre eigenen Wege. Die Lutheraner hielten sich a 20 Augustana, die Brüder, welche sich am meisten reserviert zeigte ihr Bekenntnis von 1564. Nur notgedrungen, im Blick auf di beginnenden Verhandlungen mit dem Kaiser, schlossen sie 1608 Art Union (Niem. p. 847 ff.). Wie auch die Reformierten, zu w die Brüder seit Luthers Tode eine besondere Wahlverwandtschaf 25 wiesen, im Zusammenhang mit diesen ihren besonderen Typus bildeten, dafür bietet ein interessantes Zeugnis die fast ganz verg Konfession, welche unter den zahlreichen böhmischen Bekenntnissen als „reformiert" bezeichnet werden darf, obgleich die eigenartige reformatorische Grundlage keineswegs verloren gegangen ist. S 30 schien unter dem Titel: „Fidei et religionis christianae confessio, Romanorum, Ungariae et Bohemiae regi Ferdinando optimates et e orthodoxe reformatam doctrinam professi, suo fratrumque quos Un Boemicam vocant, nomine primo exhibuerunt: postea imperatori miliano et Poloniae regi Sigismundo Augusto obtulerunt, postremo 35 1609 recognita. Herbornae Nassoviorum 1612." Die Schrift gib also lediglich als neue Rezension der Bekenntnisse von 1535 und was indessen nur im allerweitesten Sinne zugestanden werden Leider sind wir über ihre Entstehung (vielleicht im Zusammenhan Verhandlungen mit Rudolf II.?) gänzlich ununterrichtet. Wir 40 die Konfession nach Koechers Abdruck, ohne Vorrede, Schriftstel dgl. Marginalien rücken kursiv in den Text. Einige Vätercitate v getilgt. Leichte Druckfehler werden ohne weiteres gebessert, 1 zweifelhaften Fällen wird der wohl falsche Text mitgeteilt und eine jektur in [] beigefügt.

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23.

Waldenser-Bekenntnis von 1655. [J. Leger, Histoi Églises Vaudoises. Leyde 1669. Ch. U. Hahn, Geschichte der Wald Stuttgart 1847. E. Montet, Histoire littéraire des Vaudois du Pi Paris 1885.] - Wie die Böhmen, so wurden auch die Waldenser in die reformatorische Bewegung hineingezogen. Hier wirkte nam 50 die Nähe der Schweiz. Im Jahre 1530 suchten die piemontes

Waldenser Fühlung mit Oekolampad, und zwei ihrer Boten überbrachten ihm eine kurze Konfession mittelalterlich-reformerischen Geistes, die von evangelischem Rechtfertigungsglauben nichts enthält (bei Montet S. 178 f.). Alsbald lernte aber die vorreformatorische Gemeinde in allen ihren

Gruppen von der Reformation. Die französischen Waldenser produzierten 5 auf einer Synode im Thal Angrogne 12. Dezember 1532 ein Bekenntnis in 17 knappen Artikeln, welches in mehreren Sätzen zwinglisch lautet, aber von dem Hauptpunkt evangelischer Erkenntnis noch wenig spüren läßt (bei Hahn S. 652 ff.). Calvinischen Einfluß verraten die Bekenntnisse, welche die Waldenser der Provence 1543 und 1544 dem Kardinal 10 Sadolet und dem König Franz I. überreichten (bei Pantaleon, Martyrum historia. Bas. 1563. p. 130 ff. Hahn S. 665. Zeitschrift für die hist. Theologie 1852. S. 256 ff.). Für die piemontesischen Waldenser bedeutete die Union des Vallées vom 11. November 1571 den völligen Anschluß an die französisch-reformierte Art (bei Hahn S. 727 ff.). Der 15 2. Art. dieser Urkunde bietet in aller Knappheit ein vollständiges evangelisches Bekenntnis: Promettent . . . „,de continuer tous en la profession de la vraie Religion chrétienne réformée, qui'ils ont suivie jusqu'à présent, qui consiste en la confiance et en l'adoration d'un seul vrai Dieu, et d'un seul Chef de l'Église et Médiateur entre Dieu et les 20 hommes Jésus-Christ: en la seul règle de bien croire et de bien vivre, contenue ès libres canoniques du vieil et du nouveau Testament, à laquelle sont joints les deux Sacremens institués par notre Seigneur JésusChrist, le S. Baptème et la S. Cène, et selon la même Parole de Dieu promettent aussi d'obéir tous au bon ordre extérieur et discipline ecclé- 25 siastique, déjà établie et observée auparavant entre nous: et détestent toutes hérésies et fausses doctrines, contrariantes à la sus-dite Parole de Dieu, contenue ès Livres du vieil et du nouveau testament." Als vollends im Jahre 1630 die Pest viele heimische Prediger hinraffte und man Prediger aus Frankreich in größerer Zahl übernehmen mußte, 30 schwand fast jeder Unterschied von der französisch-reformierten Kirche. Als Zeugnis dieser abschließenden Entwicklung liegt das Bekenntnis vor, mit welchem die Piemontesen vor die evangelischen Brüder in der Schweiz, England u. s. w. traten, als sie unter der schweren Verfolgung 1655 bittend zu ihnen kamen. Dasselbe lehnt sich vielfach an die Conf. 35 Gall. an. Unter Weglassung der Vorrede teilen wir es nach Leger I,

112 ff. mit.

VI. Anglikanismus und Puritanismus.

24. Die Artikel der anglikanischen Kirche von 1552 und 1562. [Ch. Hardwick, A History of the Articles of Religion. Cam- 40 bridge 1851 und viele spätere Auflagen. G. G. Perry, A History of the English Church. Bd. 2. London 1894 (6. Aufl.). F. Makower, die Verfassung der Kirche von England. Berlin 1894. F. Kattenbusch in PRE Bd. 1.] Unter Heinrich VIII. löste die Suprematsakte vom 3. November 1534 die englische Kirche von Rom. Um die verschieden- 45 artigen reformatorischen Geister, welche schon seit Jahren ihre Gedanken ausstreuten, unter eine feste Einheit zu befassen, wurden 1536 zehn ausführliche Sätze verkündet (Hardw. S. 231 ff.): Articles devised by

the kings highnes majestie to stablyshe Christen quietnes and unitie amonge us" etc. Die fünf ersten dieser Sätze, die Lehre betreffend, lehnen sich vielfach an die Conf. Aug. an. Einen weiteren Schritt brachten die bereits begonnenen Annäherungsversuche an den deutschen 5 Protestantismus. Eine Vereinigung englischer und deutscher Theologen setzte im Sommer 1538 in lateinischer Sprache 13 Artikel auf (Hardw. S. 251 ff.), welche als eine Variation von Aug. 1-17 gelten können. Sie fanden nicht die Billigung des Königs, wurden aber zu Grunde gelegt, als Cranmer 1549 unter Eduard VI. die Arbeit an einer neuen 10 Lehrschrift begann. In 42 Artikeln wurde diese Schrift, die auf wesentlich lutherischer Grundlage in der Sakramentslehre Butzer-Calvinsche Einflüsse verrät, im November 1552 vollendet und von einer theologischen Convocation (Synode) zu London gebilligt. Im Mai 1553 verkündete König Eduard diese Artikel, welche danach Edwardine Articles" ge15 nannt zu werden pflegen, als staatliches Kirchengesetz. Nach der Unterbrechung des Reformationswerkes unter der katholischen Maria (1553 bis 1558) restituierte Königin Elisabeth die reformatorischen Neuordnungen in etwas veränderter Form. Elf Artikel des Erzbischofs Parker (1559), teilweise den 42 Artikeln entnommen (Hardw. S. 327 ff.), waren nur von 20 kurzer Lebensdauer. Ihr Verfasser selbst legte im Januar 1563 den beiden Convocations von Canterbury und York, also der kirchlichen Gesamtvertretung des Königreichs, eine Revision der 42 Artikel vor, welche er, unterstützt von anderen Bischöfen und in vielfacher Anlehnung an Brenz' Confessio Wirtembergensis von 1552, während des vorangehenden 25 Jahres vorgenommen hatte. Aus den 42 Artikeln sind nunmehr 39 geworden. Die Königin selbst hat diese Arbeit genau erwogen und hat mehrfache Aenderungen veranlaßt: namentlich fiel Art. 29, ein Protest gegen die lutherische manducatio oralis. Somit entstanden 38 Artikel, welche durch königliche Verordnung noch 1563 in lateinischer Sprache 30 veröffentlicht wurden. Das Parlament beschäftigte sich erst mehrere Jahre später mit der Bekenntnisfrage und nahm 1571 einen Gesetzentwurf an, welcher die Unterschrift dieser sog. „Elizabethan Articles" von jedem Pfarrgeistlichen forderte. Seitdem sind diese Artikel das bleibende Grundbekenntnis der „Reformed Church of England as by law esta35 blished" und ihrer verschiedenen Abzweigungen. Indessen deckt sich vermöge neuerlicher Revision der fortan gültige Text von 1571 nicht völlig mit dem von 1563: insbesondere ist der von Elisabeth früher gestrichene Art. 29 wieder hergestellt, so daß das anglikanische Bekenntnis fortan dauernd 39 Artikel zählt. Der dem Parlamentsbeschluß zu Grunde 40 liegende Text ist englisch, doch ist der lat. Text insofern von gleicher Autorität, als er es war, welchen die Geistlichen zu unterschreiben

hatten.

Wir geben die beiden Hauptformen der Artikel neben einander, nach Hardw. S. 266 ff. Der Text von 1562 wird leicht lesbar, wenn 45 man alle Kursivschrift unberücksichtigt läßt. Was über die Mittellinie greift, ist beiden Formen gemeinsam, alles in Kursivschrift gegebene gehört nur der Form von 1552 an. Weiter werden die Abweichungen der offiziell gewordenen Form 1571 in folgender Weise notiert: [] Zusatz von 1571; [ ] Überschuß von 1563 gegen 1571. Dabei bleiben 50 jedoch rein formelle Abweichungen, wie sie zuweilen in den Überschriften

auftreten, unberücksichtigt. - Auf wesentlichere Abweichungen der amerikanischen Form weisen Fußnoten hin: es handelt sich um eine Revision, welche die sehr bedeutende Episcopal Church der Vereinigten Staaten 1801 vornahm (Schaff III, 486). Unberücksichtigt bleibt die etwas mehr durchgreifende Revision der minder bedeutenden „Reformed 5 Episcopal Church in America" von 1875 (Schaff III, 814ff.).

25. Der anglikanische Katechismus von 1549, in der Form von 1662. [Fr. Proctor, A History of the Book of Common Prayer. London 1892.] Das fast mit dogmatischer Autorität ausgestattete Regelbuch für alle gottesdienstlichen Handlungen, das Common Prayer 10 Book, wesentlich von Cranmer entworfen, erhielt durch die Uniformitätsakte Eduards VI. 15. Januar 1549 gesetzliche Kraft. Es wurde in etwas mehr calvinisierendem Sinne 1552 revidiert, unter Elisabeth 1559 jedoch wieder mehr auf die frühere Stufe zurückgebracht. Nach der Revolution hat die Uniformitätsakte Karls II. 1662 das Ge- 15 betbuch restituiert, und in der damals festgestellten Form gilt dasselbe, abgesehen von formell-liturgischen Neuordnungen in vereinzelten Stücken, wesentlich unverändert bis heute. Schon das Eduardsche Prayer Book enthält einen Katechismus. Seit 1552 wurden darin die Gebote in der vollen biblischen Form gegeben. Unter Jakob I. kam 1604 der letzte 20 Abschnitt über die Sakramente hinzu, der sich an den seit 1570 vielgebrauchten Katechismus von Nowell anlehnt. Man kam damit einem Wunsche auf puritanischer Seite nach, den Lehrstoff zu vervollständigen. Bis 1661 war der Katechismus im Konfirmationsformular enthalten, welches in den ersten Formen die Überschrift trug: Confirmation, 25 wherein is contained a Catechism for Children". Die letzte Revision stellte den Katechismus zwischen das Tauf- und Konfirmationsformular. Wir geben ihn nach einem der zahlreichen Drucke des Prayer Book, wie sie in England in aller Händen sind: The Book of Common Prayer etc. Oxford, University Press.

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Unter die dogmatisch folgenschweren Stücke des Prayer Book pflegen einige Sätze aus dem Ordinations formular im Anhange desselben gerechnet zu werden, welches seit 1550 gebraucht wird, 1601 nur wenig revidiert. Es handelt sich um den Eingang der Vorbemerkung: It is evident unto all men diligently reading the holy Scrip- 35 ture and ancient Authors, that from the Apostles' time there have been these Orders of Ministers in Christ's Church; Bishops, Priests, and Deacons. Which Offices were evermore had in such reverend Estimation, that no man might presume to execute any of them, except he were first called, tried, examined, and known to have such qualities as 40 are requisite for the same; and also by publick Prayer, with Imposition of Hands, were approved and admitted thereunto by lawful Authority. And therefore, to the intent that these Orders may be continued, and reverently used and esteemed, in the Church of England; no man shall be accounted or taken to be a lawful Bishop, Priest, or Deacon in the 45 Church of England, or suffered to execute any of the said Functions, except he be called, tried, examined, and admitted thereunto, according to the Form hereafter following, or hath had formerly Episcopal Consecration or Ordination." Die Ordinationsformel selbst lautet: „Receive the holy Ghost for the Office and Work of a Priest (Bishop) in the Church 50

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