Page images
PDF
EPUB

BÜCHER

RECENSIONEN

UND

ANZEIGE N.

3.

Gemälde Griechenland's und der Europäischen Türkei, oder Abrifs der physischen, historischen und politischen Geographie dieser Länder. Aus dem Französischen des Griechen G. A. M. 1. Bd. mit einer Charte, gezeichnet von Perrot. 285 S. in klein 8. 11. Band, mit einleitender Vorrede des Professor Chr. B. XX. und 207 Seiten. Heidelberg 1829. Beide Bände kosten 1 Rthlr. 12 Gr.

[ocr errors]

Recens. kennt das Französische Original des Griechi schen Verf., dessen Name nur mit den Anfangsbuchstaben bezeichnet ist, nicht; auch giebt die dem zweiten Bande vorstehende Vorrede darüber keine nähere Auskunft, als dass dasselbe unter folgendem Titel: Resu mé géographique de la Grèce et de la Turquie d'Europe par M. G. A. M., citoyen grec; ornée d'une carte, par M. Perrot zu Paris 1826 erschienenen und daselbst mit ungetheiltem, aber nicht unverdientem Beifall aufgenommen worden sey. Rec. aber glaubt vermuthen zu dürfen, dafs das Französische Original nicht aus der Feder eines Griechen, sondern eines Franzosen geflossen, und der citoyen grec auf dem Titel ein Aushängeschild sey, un der Schrift bei'm Französischen Publicum einen allgemeinern Eingang zu verschaffen.

Uebrigens, mag der Verf. ein Grieche oder ein Franzose seyn, das Werk war einer Uebertragung in's Deutsche werth. Ist es auch nicht gerade für den eigentlichen Geographen geschrieben: so wird es doch der grössern Classe gebildeter Leser eine lebendige Schilderung dieser

Länder,

des Schauplatzes eines in so vieler Hinsicht so sehr merkwürdigen Kampfes, in einer angenehmen Darstellung gewähren, welchen Zweck der unbekannte Verf. auch mehr im Auge gehabt zu haben scheint, als eine streng wissenschaftliche Geographie und Statistik der Türkei zu liefern.

Die Schrift zerfällt in drei Abtheilungen, wovon die erste der physischen und die dritte der politischen Geographie gewidmet sind, die zweite aber den historischen Theil bildet. Wir beschränken uns hier auf die nähere Inhalts-Anzeige der beiden, auf die Geographie sich beziehenden, Abtheilungen. Die erste, physische Geographie überschrieben, von S. 1 bis 168, beginnt im ersten Capitel mit einer allgemeinen Uebersicht, in welche aber sich mehrere unrichtige oder ungenaue Angaben eingeschlichen haben. So soll z. B. Griechenland, worunter der Verf. die ganze Europäische Türkei mit den Asiatischen Inseln, doch die Moldau und Wallachei ausgeschlossen, versteht, nach S. 3. im Norden an die Donau gränzen, Jede Charte, auch die dem Buche selbst beigegebene, zeigt ja die Unrichtigkeit dieser Behauptung. Servien und Bosnien reichen doch wohl im Norden nicht bis zur Donau, sondern nur bis zur Sau, wenn auch Bulgarien von der Donau begränzt wird. Ferner läfst sich wohl nicht sagen, dafs die Halbinsel, welche Griechenland (d. h. hier immer die Europäische Türkei ohne Moldau und Wallachei) bildet, mit dem Europäischen Festlande nur durch einen schmalen Strich Landes zusammenhänge, der zwischen Nebenflüssen der Donau und dem Adriatischen Meere hinlaufe; da dieser Strich Landes wenigstens eine Breite von 140 Meilen hat. Der Flächeninhalt, doch ohne Inseln, wird auf 22,000 Q.Meilen, vermuthlich Französische Q.Meilen angegeben. Warum setzt der Uebersetzer diefs nicht hinzu oder hat sie auf geographische Q Meilen reducirt, um jeden Irrthum zu vermeiden? Die Bevölkerung nimmt er höher an, wie jeder Geograph, nämlich zu 15,400,000, wonach, wenn man die 22,000 Französische Q.Meilen in geographische verwandelt, (deren dann 7,920 herauskommen), jede, geogr. Q.Meile von 1,944 Seelen im Durch~ schnitt bevölkert seyn würde, was sich gewifs nicht an

nehmen lässt. Wie will der Verf. auch diese Bevölkerung herausbringen, da er die Griechische Bevölkerung zu 600,000 und die der Türken zu 800,000 annimmt? Der Rest (also noch 14 Millionen) besteht S. 5 mit des Verf. eignen Worten,,aus einem Gemisch von Juden, Armeniern und andern Fremden, die in der Absicht, Handel zu treiben, hergekommen sind, die aber durch ihren vorgeblichen Handel, einem (einen) beständigen Wucher, das Land nur vollends zu Grunde richten." Die Ansicht des Verf. von dem Gebirgssystem der Türkei ist von der gewöhnlichen verschieden; denn nach ihm hängt es nicht eng und ohne Unterbrechung mit den Alpen zusammen, sondern die Illyrischen Gebirge, als das westliche Ende dieses Gebirgssystems, sollen durch die Ebenen von Türkisch-Croatien und des mittäglichen Dalmatien's von den Alpen getrennt werden, welche Ebenen aber dem Grabstichel der Künstler bisher entgangen wären. Im zweiten Capitel handelt der Verf. die Gebirge ab, indem er das Hauptsystem der Gebirge der Türkei theilt: 1) in das Dardanische System, welches sich von Südost nach Nordwest ausbreitet, Bosnien in seiner ganzen Länge, so wie Servien von Dalmatien und Albanien trennt, und wozu auch Monte negro gehört; 2) in das Hellen. System, 3) das Thracische System, worunter er die Rhadope-Gebirge und 4) in das Cimmerische System, worunter er den Balkan begreift. III. Capitel. Ueber die grofsen physischen Regionen und Naturproducte. Nach den allgemeinen Abdachungen der 4 Bergsysteme theilt nämlich der Verf. die Türkei in drei grofse physische Regionen, welche er nennt die Adriatische oder westliche, die Ikarische oder mittägliche (warum nicht lieber südliche?) und die Euxinische oder nördliche, davon jede ihren eignen, Character hat. Morea aber mufs als eine besondere Region betrachtet werden. Im IV. Capitel wird Morea, und im V, Capitel werden sämmtliche Inseln, auch die Ionischen beschrieben.

Als eine Probe, wie der Verf. diese Inseln beschreibt, lässt Rec. hier die Beschreibung der Insel Samos mit den eigenen Worten des Verf, folgen,,,Samos (Parthenia, Dryoussa, Melamphyle) erstreckt sich vom 24° 20′ bis bis zum 24° 45′ (von Paris), der Länge, und liegt unter'n

37° 40′ der Breite, am Eingange in den Meerbusen von Scala- Nova (Neapolis). Samos enthält in der Länge westlich vom Cap St. Dominicus bis östlich zum Cap Praso 10, in der Breite vom Cap Colonni (Ampelus promontorium) bis nördlich zu der Spitze Anbelaki 6, und hat ungefähr 30 M. (Französische) im Umfange, Die Küsten sind unregelmässig, in Folge der Einbiegungen des Meerbusens von Vathi im Norden, und der Bucht von MarathaCampos im Süden, und scheinen, da sie besonders ge gen Asien hin durch sanfte Abhänge gebildet werden, an mehreren Puncten das Landen zu begünstigen. Samos 1st von dem Asiatischen Festlande durch eine Meilen breite Meerenge getrennt, die Klein- Bogaze genannt wird, im Gegensatze vom Grofs-Bogaze, die sich zwischen dieser Insel und Nicaria befindet. Eine hohe Bergkette, Ambelona genannt, durchschneidet die Insel in ihrer ganzen Länge. Der nördliche Theil derselben, unter dem Namen Kirki (Cercetius) bekannt, endet in dem Vorgebirge von Samos, einem fürchterlichen Felsen, der voller Abgründe ist; und der östliche, der Tiøberg, in dem Cap Praso. Diese Berge die weifsen Marmor enthalten, und auf denen ein ziemlich schöner Jaspis gefunden wird, sind alle beholzt, freundlich und gewähren die erfrischendsten Schattenplätze. Die auf denselben entspringenden, mitunter ziemlich beträchtlichen, Bäche fliessen alle gegen Süden ab, mit Ausnahme eines Einzigen, der seinen Weg nördlich nimmt. Schon die Farbe des Bodens an vielen Stellen zeigt hinlänglich, dafs er an Eisen sehr reichhaltig ist; nicht selten findet sich Schmirgel und Oker. Eine Erdart, die man im Alterthume von Lavuda bezog, wurde zur Fertigung jener prächtigen Töpferarbeit verwendet, und die Samienser werden für die Erfinder dieser Art Vasen gehalten. In Beziehung auf Naturerzeugnisse, kann Samos mit den besten Inseln des Archipels in eine Reihe gestellt werden; und dafs sie nicht noch reichlicher und mannichfaltiger gewonnen werden, liegt nur an der Regierung, die, anstatt den Feldbau aufzumuntern, ihn drückt und zernichtet, Zu den Zeiten des alten Griechenlands war Samos sehr bevölkert und blühend, und seine Frucht. barkeit ein Gegenstand des Neides der Nachbarn. Noch

gegenwärtig erzeugt es sehr geschätzte Muscatweine, welche seinen Hauptreichthum ausmachen. Wolle und Seide, so wie einiges Oel, werden ebenfalls gewonnen. Von seiner ehemaligen ungeheuren Bevölkerung sind ihm ohngefähr 20,000 Seelen geblieben, wovon die Mehrzahl in Auswanderern aus Creta, welche sich in neuern Zeiten auf Samos niederliefsen, besteht. Samos war im Alterthume der Juno geweiht, und legte sich die Ehre bei, das Vaterland dieser Göttin zu seyn. An den Ufern des Imbrassus hatte man ihr einen prachtvollen Tempel erbaut, von dem nur wenige Ueberbleibsel noch vorhanden, die aber, nach der Meinung mehrerer Gelehrten, unter den Alterthümern des Orients die schönsten sind. Samos war die Wiege des weisen Pythagoras, des Dichters Cheriles, des Mathematikers Conon und des berühmten Dichters Timanthes. Herodot, der Tyrannei entfliehend, fand auf Samos eine Zufluchtsstätte, und hier schrieb er die ersten Bücher seiner Geschichte. Die alte, gänzlich zerstörte Stadt Samos erstreckte sich von dem, eine Meile von Chora entfernten, Haven von Tigani bis zu den Ufern des Imbrassus. In der Nähe ihrer Ruinen liegt der Hauptort, Megalichora, dessen kleiner, durch ein festes Schlofs vertheidigter Haven dem Cap St. Maria (Trogỳlium promontorium) gegenüber liegt."

In der dritten Abtheilung, welche die Ueberschrift führt,,,politische Geographie, handelt das erste Capitel von der Bevölkerung, und zwar nur von der Mahomedanischen und der Griechischen und das zweite Capitel beschreibt die Provinzen Bosnien, Servien, Bulgarien, Albanien, Romelien, Macedonien und das eigentliche Griechenland nach ihren Sandschaks. Beide Capitel enthalten manches Interessante und werden, so wie überhaupt das ganze Buch, sowohl zur Belehrung als Unterhaltung des Lesers dieren.

Zum Beschlufs dieser Anzeige, mag hier noch Platz finden, was der Verf. von den in dem eben beendigten Kriege öfters erwähnten Städten Aïdos, Pravadi, Sizeboli und Schumla (hier Schiumla geschrieben) zu erzählen weiss. ,,Aïdos (Aëtos), auf den südlichen Abhängen des Berges Mangelle, dessen schroffe Felsen ihm als Wall dienen,

« PreviousContinue »