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602, † um 683) lebte zu Benevent, unter den königen Grimoald und Romuald, das langobardische volk war getauft, hieng aber noch an abergläubischen gebräuchen: quin etiam non longe a Beneventi moenibus devotissime sacrilegam colebant arborem, in qua suspenso corio cuncti qui aderant terga vertentes arbori celerius equitabant, calcaribus cruentantes equos, ut unus alterum posset praeire, atque in eodem cursu retroversis manibus in corium jaculabantur. sicque particulam modicam ex eo comedendam superstitiose accipiebant. et quia stulta illic persolvebant vota, ab actione illa nomen loco illi, sicut hactenus dicitur, votum imposuerunt. Barbatus predigt vergebens dawider: illi ferina coecati dementia nil aliud nisi sessorum meditantes usus, optimum esse fatebantur cultum legis majorum suorum, quos nominatim bellicosissimos asserebant. Als Romuald nach Neapel zieht, repente beatissimus Barbatus securim accipiens et ad votum pergens suis manibus nefandam arborem, in qua per tot temporis spatia Langobardi exitiale sacrilegium perficiebant, defossa humo a radicibus incidit ac desuper terrae congeriem fecit, ut nec indicium ex ea quis postea valuerit reperire *). Diese nachricht vom niederhauen des baums klingt prahlerisch und unwahrscheinlich, die beschreibung des heidnischen gebrauchs mag aber getreu sein. ich habe s. 159 gewiesen, dafs von Osseten und Circassiern stangen mit thierhäuten zu ehren göttlicher wesen aufgerichtet wurden, nach Jornandes bei den Gothen dem Mars 'exuviae truncis suspensae (oben s. 67), dafs überhaupt thiere an opferbäumen hiengen (s. 65. 68); vermutlich war auch dieser baum einem gotte durch opfer heilig d. h. durch votivopfer einzelner **), der ganze ort

*) eine andere `vita Barbati (das. p. 112) erzählt folgendergestalt: nam quid despicabilius credendum est, quam ex mortuis animalibus non carnem sed corium accipere ad esum comestionis, ut pravo errori subjecti Longobardi fecerunt? qui suarum festa solennitatum equis praecurrentibus unus altero praecedente, sicut mos erat gentilium, arbori ludificae procul non satis Benevento vota sua solvebant. Suspensa itaque putredo corii in hanc arborem divam equorum sessores versis post tergum brachiis ignominiam corii certabant lanceolis vibrare. cumque lanceolis esse vibrata pellis mortua cerneretur, veluti pro remedio animae ex hac illusione corii partis mediae factam recisionem gustabant. ecce quali ridiculo vanae mentis homines errori subjacebant pestifero.

**) oben s. 334; votum nicht blofs das gelübde, auch die oblatio rei votivae. votare puerum bei Pertz 2, 93 was sonst offerre.

hiefs davon 'ad votum'. Welche bedeutung der speerwurf durch die hängende haut hatte, ist noch nicht klar; auch im Norden pflegte man durch aufgehängte rohe ochsenhäute zu schiefsen (fornm. sög. 3, 18. 4, 61), es war zeichen von kunst und stärke. dafs es rückwärts geschah, erhöhte die schwierigkeit, und ist ganz alterthümlich *). warum das herausgeworfne stückchen haut genossen wurde? ist schwer zu sagen; sollte dadurch verstattete theilnahme an dem opfer (s. 41) zu erkennen gegeben werden?

Nicht blofs bäume unter welchen geopfert, an welchen haupt oder haut des geschlachteten thiers aufgehangen wurde, galten für heilige; auch stämme, die auf opferthieren erwuchsen. die satzweide auf dem todten füllen oder kalb soll nicht versehrt werden (abergl. 838); sind das nicht völlig des Adam von Bremen 'arbores ex morte vel tabo immolatorum divinae'? (oben s. 66).

Unter den geheiligten bäumen (im späteren mittelalter sind sie gewöhnlich frau angeredet) steht oben an die eiche (s. 63. 64. 65. 67). eine eiche oder buche ist die arbor frugifera beim loosen (Tac. Germ. 10). Nächst der eiche war die esche heilig, wie schon der mythus von erschaffung des menschen lehrt; von der esche Yggdrasill wird im verfolg zu handeln sein. der wolf, dessen begegnung sieg verheifst, steht unter eschästen. 'the common people believe, that tis very dangerous to break a bough from the ask, to this very day'. Rob. Plots Staffordshire s. 207. eine abart der esche ist rountree, rowantree, den man für zauberhaft hält. (Brockett p. 177) **). Auch mit frau Hasel führen unsre volkslieder gespräche, und das alte gericht wie noch heute saatfelder zu hegen dienten haseln. RA. 810. nach Östgötalag (bygdab. 30) soll in gemeinem wald jeder hauen dürfen, ohne bufse, aufser eichen und haseln, die haben friede, d. h. können nicht gefällt werden. abergl. 972 wird gesagt, dafs eiche und hasel widerwillen gegeneinander haben und sich nicht vertragen, sowenig als hagen und schlehe (weifsdorn und schwarzdorn). Auch der hollunder (sambucus) ahd. holantar genofs ausgezeichneter verehrung, holan für sich bedeutet schon einen baum oder eine staude (ags. cneovho

*) so muste das beste haupt hinterrücks angerührt werden, RA. 369; so wird abgewandtes haupts geopfert (s. 461), rückwärts über das haupt geworfen (s. 595).

**) esculus Jovi sacra. Plin. 16, 4.

len, ruscus). in Niedersachsen heifst die sambucus nigra ellorn, ellhorn *). Arnkiel erzählt 1, 179 unverdächtig: 'also haben unsere vorfahren den ellhorn auch heilig gehalten, wo sie aber denselben unterhauen (die äste stutzen) musten, haben sie vorher pflegen dis gebet zu thun: "frau Ellhorn, gib mir was von deinem holz, dann will ich dir von meinem auch was geben, wann es wächst im walde". welches theils mit gebeugten knieen, entblöfstem haupte und gefaltenen händen zu thun gewohnt, so ich in meinen jungen jahren zum öftern beides gehört und gesehen'. Dazu halte man, was von den hollunderstangen (abergl. 866), vom pflanzen des hollunders vor ställen (das. 169) vom giefsen des wassers unter den hollunder (das. 864) und der hollundermutter (dän. abergl. 162) geradeso gemeldet wird **). Der wacholder spielt in dem märchen von machandelboom eine grofse rolle; im gedicht von des spiegels abenteuer bl. 38 folgende dunkle äufserung: fraw Weckolter ich sich, daz du ir ***) swester bist, du kund ouch falsche list, dô du daz kind verstalt.

in Südermannland war ein knecht eben im begrif einen schönen, schattenreichen wacholder abzuhauen, als eine stimme erscholl: 'hau den wacholder nicht!' er kehrte sich nicht an die warnung und wollte von neuem hauen, da rief es noch einmal: 'ich sage dir hau den baum nicht ab!' erschrocken entfernte sich jetzt der knecht ****). Etwas ähnliches liegt dem kindermärchen no. 128 zum grund, nur dafs es eine scherzhafte wendung empfangen hat; dem holzhauenden ruft eine stimme aus dem baum entgegen, 'wer haspelholz haut, der stirbt'. Unter solch einem baum, der Klinta tall (Klinta fichte) in Westmanland, hauste eine hafsfru und zwar der fichte rå (s. 465); man sah schnee

*) ags. ellen. die canones editi sub Eadgaro rege reden cap. 16 (Thorpe p. 396) von der zauberei die getrieben werde 'on ellenum and các on odrum mislicum treovum (in sambucis et in aliis variis arboribus).

**) Puschkait, der gott, wohnt unter dem hollunder, die Letten legten ihm brod und bier neben den baum. Thom. Hiärn p. 43. ***) meiner untreuen geliebten.

****) Loccenius antiq. sueog. 1, 3 soll dies erzählen; in der ausg. von 1647 steht es nicht, vielleicht in einer späteren. Afzelius 2, 147 hat die sage mit dem zusatz, dafs auf den zweiten hieb blut aus der wurzel flofs und nun der hauende mann heimkehrte und bald zu siechen begann.

weifses vieh aus dem see über die wiesen zu dem baum treiben, niemand wagte seine äste anzurühren. Einzelnen elben, waldgeistern und hausgeistern sind dergleichen bäume heilig, man nennt sie schwed. boträd, dän. boeträ (oben s. 476). Zumal aber werden den elben nicht blofs einzelne bäume beigelegt, sondern ganze baumgärten und haine, an deren pflege sie freude haben, wie Laurins durch einen seidenfaden gehegter rosengarten zeigt. in Schweden heifsen diese gärten elfträdgårdar.

Das leben der griech. dryaden *) und hamadryaden ist an bäume gebunden, mit dem verwelken und absterben der bäume nehmen sie ab und hören sie selbst auf; jede verletzung der äste und zweige empfinden sie als wunden, und gewaltsames umhauen macht ihnen plötzlich ein ende **). naht sich das frevelnde beil, so ertönt ihr wehvoller ruf. Eine schöne sage erzählt Ovid (met. 8, 742 ff.) von Erisichthon:

ille etiam cereale nemus violasse securi

dicitur et lucos ferro temerasse vetustos.
stabat in his ingens annoso robore quercus,
saepe sub hac dryades festas duxere choreas.
contremuit, gemitumque dedit deoia quercus
et pariter frondes pariter pallescere glandes
coepere, ac longi pallorem ducere rami.

Haut einer die erle, so blutet und weint sie, und hebt zu reden an (Meinerts kuhländch. 122). ein östr. märchen (Ziska 38-42) erzählt von der stolzen föhre, worin eine fee sitzt, welcher zwerge dienen, die unschuldige begabt, schuldige neckt. ein serbisches lied (Vuk no. 296) vom mädchen in der fichte, deren rinde der knabe mit goldnem und silbernem horn spaltet. zaubersprüche bannen in frau Fichte das kalte fieber.

Dieser glaube an geisterbewohnte bäume war nicht weniger unter Celten einheimisch. Sulpicius Severus (aus dem beginn des 5 jh.) meldet im leben des heil. Martinus ed. Amsterd. 1665 p. 457: dum in vico quodam templum antiquissimum diruisset, et arborem pinum, quae fano erat proxima, esset aggressus excidere, tum vero antistes illius luci ceteraque gentilium turba coepit obsistere. et cum iidem illi, dum templum evertitur, imperante domino quievissent, succidi arborem non patiebantur. ille eos sedulo commonere, nihil esse religionis in stipite, deum

*) wird ags. glossiert: vuduelfenne, waldelbinnen.

**) 'non sine hamadryadis fato cadit arborea trabs'. Auson.

potius cui serviret ipse, sequerentur. arborem illam exscindi oportere, quia esset daemoni dedicata u. s. w.

Von der heiligkeit einzelner pflanzen oder blumen wäre viel zu schreiben. entweder sind sie bestimmten göttern geweiht und nach ihnen benannt (vgl. Donners bart s. 167. Baldrs brâ s. 203. Forneotes folme s. 220. Lokkes havre s. 222. Freyju hâr, Friggjar gras s. 280) oder aus der verwandlung bedrängter, sterbender menschen entsprungen. fast alle solche gewächse haben kraft zu heilen oder zu schaden, sie müssen aber feierlich gebrochen und gesammelt werden; das capitel von der zauberei wird beispiele liefern. gleich schützenden, heiligen thieren werden sie als zeichen in das wapen der länder, städte und helden gesetzt. So scheint den nordwestlichen Deutschen, namentlich Friesen und Seeländern von uralter zeit her das seeblatt (die nymphaea, nenuphar) gegenstand der verehrung. die Holländer nennen es plompe, die Friesen pompe, genau gesprochen heifsen die breiten, auf der see schwimmenden blätter pompebledden, die weifsen, inwendig goldgelben, duftenden blumen swanneblommen (flores cygnei), was an den s. 457 beigebrachten namen nixblume, näckblad, muhme und mummel (d. i. schwanjungfrau) erinnert. Die Friesen setzten sieben seeblätter (zeven plompenbladen) in ihren schild und glaubten unter diesem zeichen zu siegen *); das weifs schon unser Gudrunlied 1373, worin dem Herwic von Sewen oder Selanden eine wolkenblaue fahne beigelegt wird: 'sêbleter swebent dar inne'. diese seeblume ist der heilige lotus des alten Aegyptens, der auch in Indien verehrt wird und vor dem sich Tibetaner und Nepaleser neigen, er wird in tempeln aufgestellt, Brahma und Vischnu schwimmen auf seinem blatt, und gerade ein mnl. gedicht erwähnt noch des auf dem blatt schwimmenden däumlings (oben s. 420).

Noch reichlicher wird von heiligen THIEREN, die sich inniger an menschliche verhältnisse schliefsen, als die stumme natur, zu melden sein, ihr cultus aber auf zwei oder drei hauptursachen zurückgebracht werden dürfen. entweder standen sie in bezug zu einzelnen göttern, gewissermassen in deren dienst, und so gehört der eber zu

*) J. H. Halbertsma het buddhisme en zijn stichter. Deventer 1843 s. 3. 10, der hinzufügt, dafs das volk noch heute im brechen und tragen der plompen sehr vorsichtig ist: wer diese blume in der hand haltend fällt, bekommt die fallende sucht. plompen, nhd. plumpfen, altn. pompa bedeutet hinfallen, hinstürzen."

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