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DIE SPRICHWÖRTER

UND

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SPRICHWÖRTLICHEN REDENSARTEN

DER

RÖMER.

GESAMMELT UND ERKLÄRT

VON

August

DR. A. OTTO,

ORD. LEHRER AM KÖNIGL. MATTHIASGYMNASIUM ZU BRESLAU.

99

LEIPZIG,

DRUCK UND VERLAG VON B. G. TEUBNER.

1890.

Καὶ τῶν παλαιῶν πόλλ ̓ ἔπη καλῶς ἔχει.

Euripides.

Vorwort.

Hat die klassische Philologie und Altertumswissenschaft abgesehen von der Erforschung und Deutung der antiken Zeugnisse vornehmlich die Aufgabe, ein möglichst umfassendes und scharfes Bild der Denk- und Anschauungsweise der Griechen und Römer und überhaupt des historischen Entwicklungsganges ihrer Kultur zu entwerfen, so darf ohne Zweifel in dieser Darstellung auch das Sprichwort ein Plätzchen für sich in Anspruch nehmen. Ist es doch eine anerkannte Thatsache, dafs gerade das Sprichwort manchen höchst interessanten und tiefen Einblick in das Innere der Volksseele gewährt und uralte Anschauungen und Gebräuche noch lange im Sprichwort fortleben, nachdem sie in der Wirklichkeit längst abgestorben sind. Allein während die Sprichwörter der modernen Völker wiederholt mit regem Eifer gesammelt und durchgearbeitet worden sind, ist der Vorwurf, welchen vor mehr als zwanzig Jahren C. F. W. Wander in der Vorrede zu seinem umfangreichen deutschen Sprichwörterlexikon (p. 13 Anm.) aussprach, dafs die deutschen Philologen seit Jahrhunderten noch immer keine zuverlässigen Citate geliefert und die Quellen nicht durchforscht hätten, im allgemeinen auch heute noch berechtigt. Seit dem Erscheinen des grundlegenden und bewunderungswürdigen Werkes des Erasmus von Rotterdam und den daran anknüpfenden Bemühungen anderer Gelehrten der Renaissance ist die Erforschung wenigstens des altrömischen Sprichwörterschatzes erst in jüngster Zeit wieder aufgenommen worden, und eine übersichtliche und zusammenfassende Bearbeitung des Materials, welche zugleich eine Grundlage für weitere Forschungen bilden könnte wird noch ganz vermifst. Diese Lücke auszufüllen und die Sprich131766

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wörter und sprichwörtlichen Redensarten der alten Römer gesäubert und entlastet von den in den vorhandenen Sammlungen ihnen beigemischten biblischen, mittelalterlichen oder gar modernen Sprüchen und Sentenzen zu vereinigen, ist nun in dem vorliegenden Buche versucht worden. Dabei musste, sollten die einzelnen Sprichwörter nicht in der Luft schweben, sowohl auf die etwaigen früheren Quellen und Parallelen, als auch auf das Fortleben derselben in den modernen romanischen und germanischen Sprachen Rücksicht genommen werden, doch war in dieser Hinsicht, wenn nicht der Umfang des Ganzen zu sehr anschwellen sollte, Beschränkung und Kürze geboten. Es wird daher aufser auf die bekannten Werke von C. F. W. Wander und W. Körte (Die Sprichwörter und sprichwörtlichen Redensarten der Deutschen. 2. Aufl. Leipzig 1861) vorzugsweise verwiesen auf die 'Sprichwörter der germanischen und romanischen Sprachen' von Ida v. Düringsfeld und Otto Freiherrn v. Reinsberg-Düringsfeld (Leipzig 1872/75) und bezüglich der sprichwörtlichen Redensarten auf W. Borchardt, die sprichwörtlichen Redensarten im deutschen Volksmund (Leipzig 1888). Ebenso musste ich mir bei Anführung der griechischen Vorbilder mit dem Hinweis auf gewisse Hauptstellen und, solange das von O. Crusius vorbereitete Corpus paroemiographorum noch aussteht, auf die Bearbeitung der griechischen Parömiographen durch von Leutsch und Schneidewin (Göttingen 1839/51) genügen lassen. Wenn somit nach dieser Seite hin Vollständigkeit der Citate nicht in dem Plane dieses Buches lag, so hat dieselbe allerdings als Endziel vorgeschwebt bei der Sammlung der lateinischen Sprichwörter und ich habe zu diesem Behufe seit Jahren die alten Autoren selbst gelesen und durchforscht, die bereits vorhandenen Schriften über diesen Gegenstand excerpiert und auch die wichtigsten Lexika und Kommentare durchgesehen. Sehr förderlich war mir ferner das reichhaltige Material, welches die Mitarbeiter des Archivs für lateinische Lexikographie und Grammatik zusammengebracht und welches Herr Prof. Dr. E. Wölfflin mir freundlichst zur Verfügung zu stellen die Gewogenheit hatte. Trotz dieser vielfachen Bemühungen bin ich mir wohl bewufst, dafs absolute Vollständigkeit auch so noch nicht erreicht ist, und manche Einzelheit wird noch

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