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meint der indicul, paganaiar. cap. 21 de lunae defectione, und Burchard (anh, XXXVI) durch das clamoribus aut auxilio splendorem lunae deficientis restaurare. in den nord. denkmälern, die doch das drohende verschlingen am ausführlichsten erzählen, geschieht des geschreis keine meldung: vielleicht war es unter Celten und Römern gebräuchlicher als unter Deutschen. S. Maximus von Turin, kir→ chenvater des 5 jh., predigt in einer homilia de defectu lunae: cum ante dies plerosque de vestrae avaritiae cupiditate pulsaverim, ipsa die circa vesperam tanta vociferatio populi exstitit, ut irreligiositas ejus penetraret ad coelum. quod cum requirerem, quid sibi clamor hic velit, dixerunt mihi, quod laboranti lunae vestra vociferatio subveniret, et defectum ejus suis clamoribus adjuvaret*). laborare verwendet auch Juvenal 6, 442

jam nemo tubas, nemo aera fatiget,

una laboranti poterit succurrere lunae **).

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Mit sicherheit darf ich annehmen, dafs ähnliche abergläubische vorstellungen und gebräuche bei finsternissen unter alten und neuen völkern***) vorkommen. Der indische glaube ist, eine schlange fresse sonne und inond, wann sie verfinstert werden (Bopps glossar 148a) oder ein daemon (råhus) schlinge sie (Bopps Nalas s. 153. 272). noch heute halten die Hindus dafür, ein riese greife dann die gestirne an und wolle sie verschlingen (Broughton popular poetry of the Hindoos p. 131). die Chinesen nennen die sonnenfinsternis shischi (solis devoratio), die mondsfinsternis jueschi (lunaé devoratio) und beziehen beide auf einen nachstellenden drachen. fast bei allen völkerschaf→ ten des nördlichen Asiens gilt diese meinung, die Tschuwaschen bedienen sich des ausdrucks wubur sijat (daemon comedit). (Guil. Schott de lingua Tschuwaschorum p. 5). die europäischen Finnen glauben ähnliches, bei den Ehsten heifst es: 'sonne, mond, wird gefressen', und vorzeiten suchte man das durch beschwörende formeln zu hindern. (Thom. Hiärn. Mitau 1794 s. 39). Die Litthauer lassen einen daemon (Tiknis oder Tiklis) den wagen der sonne anfallen, dann entspringt finsternis und allen ge

*) die stelle hebt Ducange 6, 1618 s. v. vinceluna aus; im abdruck der homilia Maximi taurin. 'de defectu lunae' bei Mabillon mus. ital. tom. I. pars 2. p. 19. 20 steht sie nicht.

**) vgl. Tac. annal. 1, 28 und Boeth. de consol. 4 metr. 5: lassant crebris pulsibus aëra'.

***) blofs bei Griechen und Slaven bin ich ihnen nicht begegnet.

schöpfen bangt, dafs die liebe sonne unterliege; es ist lange verhindert worden, mufs aber doch am weltende erfolgen (Narbutt 1, 127. 142). Bei mondfinsternissen tragen die Grönländer kisten und kessel auf die hausdächer und beginnen heftig darauf zu schlagen (Cranz Grönland 3, 294). Ein reisender Engländer erzählt von den africanischen Mauren: als die sonnenfinsternis ihren höchsten grad erreicht hatte, sahen wir das volk wie unsinnig hin und her laufen, und flinten nach der sonne abfeuern, um das ungeheuer zu schrecken, welches das gestirn des tages ihrer meinung nach verzehren wollte. in den ebenen und auf den höhen von Tripolis ertönte todesgesang (ein geschrei 'wulliali wu!) und so längs der ganzen küste. die weiber schlugen kupfergeräth aneinander und machten damit einen lerm, der stundenweit gehört wurde *).

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Nach einem mongolischen mythus wollten die götter den Aracho für seine unthaten strafen, er hatte sich aber so gut versteckt, dafs niemand seinen schlupfwinkel aus➡ findig machen konnte, man fragte daher die sonne, sie gab unbefriedigende antwort, als man den mond fragte, entdeckte er Arachos aufenthalt. Aracho wurde nun hervorgezogen und gezüchtigt; zur rache dafür verfolgt er sonne und mond, und so oft er mit der einen oder dem andern in handgemenge geräth, entstehen verfinsterungen. um die himmelslichter aus ihrer noth zu retten wird mit musikalischen und andern instrumenten lermendes getöse gemacht, wodurch sich Aracho zurückschrecken läfst **). Ein merkwürdiger zug ist auch hier die nachfrage bei sonne und mond, welche die welt überschauen, denen nichts verheimlicht werden kann. ebenso wird in unsern deutschen märchen von dem suchenden gefragt bei sonne, mond und sternen (KM. no. 25. 88 vgl. 3, 218. 219), bald erscheinen sie hilfreich und mitleidig, bald aber grausam und menschenfressend. In den serbischen liedern unterhalten sich mond und morgenstern (danitza) von den begebenheiten der menschen (Vuk 3, 3), Während einer verfinsterung der sonne (ich weifs nicht,

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*) morgenblatt 1817 p. 159a, vgl. Niebuhrs beschr. Arab. 119. 120. **) Benj. Bergmanns nomad. streifereien 3, 41. Nach Georgii alphab. tibetan. p. 189 sind es ungeheuer namens Tracehn, oben wie menschen, unten wie schlangen gestaltet, die sonne und mond nachstellend ihre verfinsterung veranlassen.

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ob auch des monds) pflegt man die brunnen zu verdecken, weil sonst ihr wasser unrein werden würde (abergl. 589).

Darf eine spur von heidnischem mondcultus darin gesucht werden, dafs man zur grenzbezeichnung auf felsen und steine das bild des monds einhauen liefs? RA. 542 ist die 'alamannische urkunde yon 1155 angegeben, welche diesen brauch sogar auf könig Dagobert zurückleitet. noch in westfälischen urkunden des 17 jh. finde ich halfmondschnadsteine*), falls hier der ausdruck halfmond nicht etwas anders aussagt.

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In Baiern gibt es einen Mondsee, ahd. Máninséo (lunae lacus), in Östreich einen Manhart (luna silva, bei Ptolemaeus Aovra ün); ihnen beiden dürfen mythische bezüge zugetraut werden.

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Da sich nach dem mondwechsel, der augenfällige wochen (s. 115) darbietet, die zeit leichter als nach der sonne berechnen läfst, so scheinen unsere ahnen neben dem sonnenjahr für den gemeinen gebrauch ein mondjahr gekannt zu haben, dessen dreizehn monate den zwölfen des sonnenjahrs entsprachen. Die wiederkehrende periode von 28 tagen hiefs darum ménops, mánód von mêna, mâno. aus gleichem grund war es natürlich nach näch ten zu zählen, nicht nach tagen: 'nec dierum numerum sed noctium computant, sic constituunt, sic condicunt, nox ducere diem videtur'. etwa wie man auch das jahr nach dem winter nannte, der sich zum sommer gleich der nacht zum tag verhält. Alle fristen wurden nach sieben nächten, vierzehn nächten, monaten und wintern anbe

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Hiervon hängt nun weiter ab, dafs die erscheinungen des mondes entschiednen einfluss auf bedeutende unternehmungen hatten. das ist es was Jornandes cap. 11 lunae commoda incommodaque nennt. zwar alle arbeiten und verrichtungen waren durch tag und sonnenzeit bedingt, sowol der krieger (RA. 297) als der knechte (das. 353), vorzüglich auch der gerichte (das: 814-816). Sollte hingegen neues und wichtiges gepflogen werden, so richtete man sich nach dem mond; das hat nicht den sinn, dafs die berathung bei nacht gehalten, die handlung bei nacht begonnen wurde, sondern es geschah an tagen, deren nächte günstiges mondlicht hatten; coeunt, nisi quid

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*) vertheidigung der burg Wulften. Wien 1766. beilagen s. 71. 72. 162.

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fortuitum et subitum inciderit, certis diebus, quùm aut inchoatur luna aut impletur. nam agendis rebus hoc auspicatissimum initium credunt. Tac. Germ. 11.

Der mond gewährt nun zwei bestimmte vierzehntäglich eintretende erscheinungen, die in der angeführten stelle bezeichnet sind: er beginnt seinen lauf, oder er hat die fülle seines lichts erreicht. von jenem punct an nimmt er unaufhörlich zu, von diesem an unaufhörlich ab. alle in der mitte liegenden gestalten sind für die sinnliche wahrnehmung minder verlässig.

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Unsichtbarkeit des monds ist nur in der einen nacht zwischen dem verschwinden des letzten und dem aufgehn des ersten viertels, im neumond (der conjunction von sonné und mond); ebenso besteht der vollmond nur von dem augenblick an, wo die reine kugelgestalt sich aus der des wachsnen ersten viertels entwickelt, bis zu dem zeitpunkt, in welchem sie wieder aufhört. Die gemeine ansicht rechnet aber jene nox illunis schon zu dem neuen licht und umgekehrt lässt sie die abnahme gleich mit dem vollmond beginnen.

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Gothisch hiefs das navoiyvov fullips (gen. pl. fullipe), woraus man auch niujips für die voranvia folgern darf; seltsam aber wird diese Col. 2, 16 durch fullips übertragen, was mir ein blofses versehn und nicht daraus erklärbar scheint, dafs den Gothen der vollmond festlicher gewesen wäre. Auch ags. mufs dieser fylleđ genannt worden sein, wie aus dem monatsnamen vinterfyllið folgt, der nach Beda (de temp. rat. 13) ab hieme et plenilunio so hiefs. doch die späteren quellen geben nive môna und full môna. vielleicht galt ein ahd. niuwid und fullid ? zu belegen sind nur die neutra niumáni und folmáni*), Graff 2, 222 führt aufserdem niwilune auf; mhd. daz niumæne und volmæne, letzteres steht Trist. 9464. 11086. 11513.

Altn. finden wir für beide perioden die neutra nŷ ok nid, formelhaft alliterierend; ny stimmt zu novilunium, und bedeutet das neue licht, nid das niedergehende, abnehmende, von dem verlornen stamm nida, nad, dem auch die partikel nidr (deorsum) und nâđ (quies, ahd. ginâda) angehört. ny ist also das beginnende erste viertel bis zur fülle, nid die zeit, wo die fülle anhebt zu schwinden bis zum erlöschen des lichts im letzten viertel,

*) niuwer mano N. ps. 80, 4. foller måno ps. 88, 38. vol und wan (leer) werden Cap. 107, 108 gebraucht, und Cap. 147 hornaht, halbscaftig und fol; vgl. Hel. 111, 8 waned ohtho waksid.

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beide nŷ und nid stofsen an der grenze zusammen, zwischen den spitzesten zünglein des wachsenden und schwindenden scheins. vorzugsweise verstand man aber nið von dem ruhenden mondlicht (interlunium) und niđamyrkr bezeichnet völlige dunkelheit (luna silens). Beide schufen gütige götter den menschen zur jahrzählung: nŷ ok niđ skopo nŷt regin öldum at ârtali', Sæm. 34a), 'Mâni stŷrir göngu tungls oc rædr nýjum oc nidum', Sn. 12, Mâni lenkt des mondes lauf und waltet über die neumonde und vollmonde. wahrscheinlich tritt auch hier personification ins spiel, denn Nŷji und Nidi sind nach Völuspå 11 (Sæm. 2b) zwerge, d. h. himmlische geister, die mit jenen mondsveränderungen ny ok nid, wir wissen nicht näher wie, zusammenhängen **). man sagt þat gengr eptir nŷum ok nidum', res alternatur, et subit lunae vices. altschwed. gesetze haben die formel 'ny oc nidar' für allzeit, unter jedem mondwechsel, Gutalagh p. 108. i ny ok nida' Sudh. bygn. 32. Upl. vidh. 28, 1. Vestg. thiuv. 22, 1, hier scheint im zweiten wort das neutr. aufgegeben und ein persönliches masc. eingetreten. neuschwed. "ny och nedan', dän. 'ny og næ', 'det gaaer efter nye og næe', 'hverken i nye eller næ', d. i. niemals, 'naar nyet tändes', quando nova luna incenditur, altdän. sagte man für næ noch ned, need. jenem niđamyrkr entspricht aber ein schwed. nedmörk stockfinster. Der nord. sprachgebrauch weicht insofern von dem hochdeutschen ab, dafs er die gänzliché verdunklung durch nid ausdrückt, während wir sie mit neumond (d. i. ný) bezeichnen; uns steht neumond dem vollmond gegenüber, den Scandinaven nid dem nŷ, und jedes derselben gilt für die hälfte des mondlaufs. seitdem die angabe des ersten und letzten viertels üblich ward, dienen vollmond und neumond blofs für die dazwischen liegende fülle und leere, jetzt hat man auch schwed. fullmåne, dän. fuldmaane als gegensatz zu nymåne, nymaane eingeführt, wodurch das alte ned, næ entbehrlich und ny etwas anders bestimmt wird ***)

*) nach Alvismal nennen die ålfar darum den mond ârtali (ahd. járzalo?) Sæm. 49b.

**) man halte zu nid ok nŷ das gr. vn xai véa.

***) spätere isländische benennungen sind: blaný (schwarzes neu, interlunium) prim (nova luna) auch nyqveikt tung]; hálfvaxid túngi (erstes viertel); fullt túngl (plenilunium); hâlfprotid tungl (letztes viertel). auch hier sind die alten namen unnütz geworden, blány vertritt nid und prim nŷ.

Grimms mythol. 3. ausgabe.

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