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für den ersten Anlauf genügen, sondern bei aller — durch die große Maffe
des vielartigen Materials gebotenen - Kürze eine würdige wissenschaft-
liche Haltung behaupten soll, ist nun nicht mehr Eines Verfassers
Sache; vielmehr kann hier nur ein Zusammenwirken mehrerer Gelehrten
förderlich sein und eine Theilung der Arbeit nach den besonderen Fächern,
welchen der Einzelne nicht erst seit gestern seine Studien zugewendet
hat. Aus solcher gemeinsamen Thätigkeit geht gegenwärtiges Werk
hervor, dessen Anfänge wir dem gelehrten Publikum mit einiger Schüch-
ternheit vorlegen. Denn es liegt in der Natur der Sache daß sich
Anfangs besondere Schwierigkeiten entgegenstellen, wenn ein Werk viel-
artigen Inhalts, der durch die gebotene alphabetische Form in ein unend-
liches Detail zerstückelt wird, durch verschiedene, zum Theil räumlich
sehr entlegene Kräfte nach gemeinschaftlichen Grundsäßen zu Stande
gebracht werden soll. Diese Grundsäße ergeben sich im Allgemeinen
von selbst aus der Aufgabe, ein Handlericon, nicht einen Thesaurus,
der verschiedenen Theile der Alterthumskunde, mit Ausnahme der Gram-
matik und Metrik, der Kritik und Hermeneutik, zu liefern, welches,
zunächst für das Bedürfniß des Studierenden und des mit literarischen
Hülfsmitteln minder ausgerüsteten Lehrers berechnet, zugleich geeignet
wäre auch dem eigentlichen Gelehrten in einzelnen Fällen ein unbe-
quemeres anderweites Nachschlagen für den augenblicklichen Bedarf zu
ersparen. Wiewohl sich nun das Wirken der verschiedenen Mitarbeiter
nicht in so bestimmte Formen bannen läßt daß nicht die Beiträge je nach
der Individualität des Einzelnen sich verschieden gestalten sollten
daher sich denn auch die Verantwortlichkeit jedes Mitarbeiters für seinen
Antheil von selbst versteht so sind doch gewiffe Grundsäße für die
Behandlung im Allgemeinen aufgestellt worden, durch welche wir dem
Werke die Einheit seines Charakters möglichst zu sichern suchen. Da
nur bei einem mäßigen Umfang eine allgemeinere Nußbarkeit eines
solchen Hülfsbuches sich erwarten läßt, so ist zunächst bündige Kürze,
doch ohne Dürftigkeit, zum Geseß gemacht. Nicht die Untersuchungen
selbst können hier geführt, sondern nur ihre Resumés, oft auch nur die
bloßen Ergebnisse, geboten werden. Wo verschiedene Meinungen ob-
walten, werden wenn der Gegenstand von einiger Wichtigkeit ist
die erheblichsten derselben mit ihren Hauptgründen aufgeführt, überall
aber- und dieß ist ein Hauptaugenmerk — die classischen Stellen und
die bedeutendste neuere Literatur zu weiterer Belehrung des Lesers nach-

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gewiesen. Wo es thunlich ist wird verwandtes Einzelnes in überschaulichen Gesammtartikeln zusammengestellt, das Auffinden aber durch am gehörigen Orte angebrachte Verweisungen erleichtert. Wiederholungen werden eben so sehr als die Erwähnung solcher Personen oder Sachen vermieden an welche sich auch nicht entfernt einiges Interesse fnüpft. Es läßt sich nun zwar über das Wichtige und Unwichtige immer rechten; doch gibt es, wie wir glauben, auch hiefür gewiffe Regeln, welche den Bearbeiter jedes einzelnen Faches in der Wahl der aufzuführenden Gegenstände zu leiten haben. Am Schwierigsten ist eine firenge Auswahl unter den zahlreichen Einzelnheiten deren Inbegriff man mit dem Namen der Antiquitäten belegt, dem vagen Ausdruck für alles das was von den Grundsäßen, den Formen und Organen der Staatsverwaltung und Rechtspflege, von dem Kriegswesen, den religiösen Gebräuchen und dem häuslichen Leben der Alten bekannt und winenswerth ist. Hier suchen wir weniger den Vorwurf des zu reichlichen Details als den der Mangelhaftigkeit zu vermeiden, um so mehr als die auf diesem Felde besonders regen - Bemühungen der neuern Zeit auch so manchem anscheinend Unbedeutenden ein näheres Interesse zugewendet haben. Nur was schon im Sprachwörterbuch seine genügende Erledigung findet glauben wir ausschließen zu müssen. Wenn der Rechtszustand der Römer im Verhältniß zum Uebrigen ausführlicher behandelt wird, so mag dieses seine Rechtfertigung finden theils in der Wichtigkeit der Sache für das Verständniß so vieler Einrichtungen des Lebens der Römer und so mancher Eigenthümlichkeit im Ausdruck ihrer geistigen Erzeugnifse, theils in dem Umstande daß die Leistungen Hugo's, Savigny's u. A. in dem Gebiete der Rechtsgeschichte bis jezt mehr nur dem Juristen bekannt waren, und daß nur deßwegen diese Disciplin in philologischen Werken wie das vorliegende nicht den ihr gebürenden Raum einnahm.

Die Epoche mit welcher wir das classische Alterthum für abgesclossen betrachten ist der Untergang des abendländischen Kaiserthums, wiewohl es, namentlich in der Literatur- und Rechtsgeschichte, nicht immer vermieden werden kann und darf auch spätere, mit der clafftden Zeit in Beziehung stehende Erscheinungen zu berühren. Auch find es nur die beiden classischen Völker deren Leben, Schaffen und Leiden den Stoff für unsere Darstellung bieten. Aegyptisches, Drienalisches, Nordisches und Anderes kommt in Betrachtung so weit es

durch das Medium griechischer oder römischer Anschauung auf uns
gelangt ist.

Was die äußere Form betrifft so wählen wir für die Titelwörter
der Artikel den römischen Ausdruck oder die römische Namensform in
der Regel überall wo solche vorhanden und geläufig waren. Der ent-
sprechende griechische Ausdruck, oder die griechische Schreibung des
Eigennamens, wo sich diese nicht von selbst ergibt, wird beigefügt.
Die antiquarischen Artikel welche die Griechen betreffen werden, wenn
sie sich auf etwas auch bei den Römern sich Findendes beziehen, und es
wahrscheinlich ist daß sie unter der römischen Bezeichnung aufgesucht
werden, unter diefer abgehandelt, aber gleichwohl unter dem griechischen
Worte darauf verwiesen, z. B. bei 'Exnoínois auf Adoptio. Das den
Griechen Eigenthümliche oder doch unter dem griechischen Namen
Bekanntere findet sich unter der letteren Bezeichnung. Da es aber
den Alten nicht selten an einem Gesammtbegriff oder wenigstens
an einem geläufigen Ausdruck für die Einheit eines Mannigfaltigen
fehlte das wir unter einem allgemeinen Gesichtspunkt auffaffen und be-
handeln, so benennen wir solche Artikel mit dem hergebrachten deutschen
Worte, z. B. Volkslieder.

Den vorstehenden Bemerkungen des verewigten Pauly hat der
neue Herausgeber nur Weniges beizufügen.

Es lag in der Natur der Sache daß ein Werk von diesem Umfang
und aus der Mitwirkung verschiedener Kräfte erwachsend nicht von An-
fang an seinen Plan unabänderlich feftseßen und in gleichmäßiger Voll-
kommenheit durchführen konnte. Dadurch ist zwischen dem ersten Bande
und den späteren eine Ungleichheit entstanden welche vielfach störend
gewirkt hat und oft beklagt worden ist. Die Verlagshandlung hat sich
daher entschlossen, obwohl ein dringendes buchhändlerisches Bedürfniß
hiefür noch nicht vorlag, den ersten Band einer gründlichen Umarbeitung
zu unterwerfen und hat mit deren Ausführung den Unterzeichneten beauf-
tragt. In welchem Sinne dieser die Aufgabe auffaßt darf er aus der
von ihm redigierten zweiten
Hälfte des Werkes als
bekannt vorausseßen, und er beschränkt sich daher auf die Versicherung
daß sein Hauptanliegen ist auch dem ersten Bande wirklichen wissen-

-

größeren

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shaftlichen Werth zu verleihen. Zu diesem Zwecke hat er einerseits
größere Vollständigkeit des Stoffes erstrebt, ohne sich an den sehr wech-
selnden und relativen Begriff des Wichtigen oder Interessanten zu bin-
den; andererseits hat er für die Gediegenheit des Gebotenen theils durch
frengere Durchführung des Grundsaßes der Theilung der Arbeit theils
durch sorgfältige Auswahl der Mitarbeiter nach Kräften Sorge ge-
tragen. Die Zahl der Lezteren beschränkt sich übrigens keineswegs auf
die vom Titelblatt genannten; vielmehr haben noch manche andere Ge-
lehrte uns einzelne Beiträge zugesagt, wie Dr. J. Brandis über assy-
rische Geschichte, Prof. Cleß Achaemenidae, Beneventum, Brigantinus
lacus, Prof. W. Corssen Alphabet, Dr. R. Gädechens die kunstmytho
logichen Artikel Apollo und Artemis, Dr. D. Keller Aesopus, Apo-
logus, Babrius u. A., Dr. Emil Müller Aera und Annus, Oberschul-
rath 3. H. Müller Apollonius Perg., Archimedes, Aristaeus, Arith-
metica, G. R. Sievers Antonini, und noch Andere hoffen wir im
weiteren Verlaufe für die Mitwirkung an dem Bande zu gewinnen.
Dazu kommen endlich zerstreute Zusäße und Berichtigungen durch Prof.
A Haath, M. Herz, den frühvollendeten H. Paret u. A. Ein voll-
ständiges Verzeichniß sämmtlicher Mitarbeiter an allen Bänden und eine
Uebersicht ihrer Hauptbeiträge wird der Schlußlieferung beigegeben werden.

In den 24. Jahren welche zwischen dem Erscheinen der ersten
Lieferung des ersten Bandes und der jeßigen Umarbeitung liegen sind
viele der ursprünglichen Mitarbeiter aus dem Leben geschieden; Andere,
die sich zwar noch des Lebens freuen, denen aber die Muße fehlt um der
Umarbeitung ihrer Beiträge sich selbst zu unterziehen, haben mit höchst
danfenswerther Liberalität dieselben der Redaction zur Verfügung ges
stellt, wie W. Bäumlein (Alphabet), C. L. Grotefend (Attica),
C. Krafft, C. Zell (Archytas). Wenn es aus irgend welchem
Grunde nöthig schien einen älteren Artikel durch einen völlig neuen zu
ersezen, wird immer nur der neue Bearbeiter genannt; wo aber der Leß-
tere sich auf Zusäße und Abänderungen beschränkt, bleibt auch des ur-
sprünglichen Verfassers Name an seinem Plaze. In den Artikeln selbst
aber muß natürlich auf äußerliche Unterscheidung des Ursprünglichen und
des Neuen Verzicht geleistet werden.

Da die Umarbeitung sich nur auf den ersten Band erstrecken wird,
so ist es unmöglich Artikel die nur einer Inconsequenz ihre Aufnahme
ton in den ersten Band verdankten, wie besonders die unter ihren

-

cognomina statt unter ihrem Gentilnamen - abgehandelten Römer,
an ihre richtige Stelle zu verweisen, vielmehr muß die Inconsequenz
betbehalten werden, wenn es nicht geschehen soll daß die Abnehmer der
neuen Auflage die betreffenden Artikel gar nicht besißen. Dagegen wird
kein Bedenken getragen Artikel welche in einem späteren Bande abge-
handelt sind, aber in einer dem heutigen Stande der Forschung nicht
mehr entsprechenden Weise, wenn sich ein Anlaß bot sie dem ersten Bande
einzuverleiben, hier in erneuter Gestalt zu wiederholen. So ist der ganze
Inhalt des Artikels Fabula jeßt in den neuen Apologus aufgenommen,
Diana jest unter Artemis neu abgehandelt. Anderes kann in der neuen
Auflage völlig wegfallen, nachdem es durch spätere Artikel entbehrlich ge-
worden oder, wie dieß bei dem Artifel Alterthumswissenschaft der Fall
ist, durch die Vollendung des Werkes sich selbst erledigt hat.

Ueberhaupt wird der Herausgeber es sich zur Pflicht machen zu ver-
hüten daß der Band keine übermäßige Ausdehnung erhalte; eine posi-
tivere Zusage über dessen Umfang zu geben hält derselbe aber schon darum
für überflüssig weil hiefür theils durch die Beschränkung auf die beiden
ersten Buchstaben des Alphabets theils durch den Plan des Werkes, wie
er besonders in Band 4 bis 6 verwirklicht vorliegt, feste Grenzen im
Voraus gegeben find. Uebrigens wird, im Interesse bequemerer Hand-
habung, dieser Band in zwei Abtheilungen zerlegt und hiefür seiner Zeit
genauere Titelblätter geliefert werden.

Tübingen, Juni 1861..

B. S. L.

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