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Die vorliegende Ausgabe ist bestimmt, Otto Heines Kommentar zu den Tusculanen zu ersetzen. So verdienstlich dieser seinerzeit gewesen ist, so spürt man doch auch in der letzten Auflage deutlich, daß der Grundstock der Arbeit eine Anzahl Jahrzehnte zurückreicht, und es wäre falsche Pietät gegen einen Mann wie Heine gewesen, seine Erklärungen zu belassen, wo sich vom heutigen Standpunkt der Wissenschaft Besseres sagen ließ. Ich habe mich deshalb nicht mit einer Neubearbeitung begnügt, sondern die Einleitung ganz neu geschrieben und auch im Kommentar nur wenig übernommen.

Mein Hauptziel war, zu zeigen, was Cicero gewollt, wie er gearbeitet und den ihm durch seine Vorlagen gebotenen Stoff künstlerisch gestaltet hat. Deshalb habe ich auf die Analyse des Gedankenganges viel mehr Wert gelegt als Heine.

Wenn ich auch im Text mich vielfach von diesem entfernt habe, so liegt das zum Teil daran, daß wir die Überlieferung jetzt besser kennen und beurteilen. Von den wichtigen Handschriften V und K besitze ich neue Kollationen außerdem haben Ed.

Ströbel und Otto Roßbach in dankenswertester Weise mir die ihrigen zur Verfügung gestellt, doch habe ich mit Rücksicht auf meine demnächst in der Bibliotheca Teubneriana erscheinende Ausgabe von einer Wiedergabe der Lesarten in den meisten Fällen abgesehen.

Die Überlieferung.

In den Tusculanen stehen uns zwei Überlieferungen aus dem Altertum zu Gebote. Die eine liegt in vier Handschriften des 9. oder 10. Jahrhunderts vor, dem Parisinus 6332 (Regius) R, Gudianus 294 G in Wolfenbüttel, Vaticanus 3246 V und dem Cambraier Codex 842 K, sowie in den gleichaltrigen Exzerpten des Presbyters Hadoardus (H). Alle diese stammen (mittelbar) aus einer verlorenen Handschrift X, die in der Karolingerzeit zur Grundlage genommen wurde. Von der zweiten Überlieferung Y haben wir keine vollständige Handschrift, doch sind zahlreiche Einzellesarten in die Handschriften der ersten Klasse übernommen worden. Am wichtigsten sind die Eintragungen, die im Vaticanus von zwei mit dem Schreiber gleichzeitigen Korrektoren V und V2 vorgenommen wurden. Diese stammen aus einer Rezension, in der ein Gelehrter mit Benutzung des Materials von Y, aber auch nach eigener Kritik den Text der Tusculanen bearbeitet hatte.

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Cons. Ap. Ps. Plutarch Consolatio ad Apollonium.

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T.

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Orator

De re publica

Tusculanae

disputationes

Realenz. = Realenzyklopädie der klassischen Altertumswissenschaft, herausg. von Pauly-Wissowa.

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Corssen

=

Corssen, De Posidonio Rhodio M. Tulli Ciceronis in libro I. Tusculanarum disputationum et in Somnio Scipionis auctore. Bonn 1878.

Diels, Doxographi graeci. Berlin 1879.

Neue-Wagener, Formenlehre der lateinischen Sprache.

Dox. =
Neue-Wagener
Leipzig 1902.

Schmekel

=

St. fr. Wissowa

Zeller

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Schmekel, Die Philosophie der mittleren Stoa. Berlin 1892. Stoicorum veterum fragmenta coll. J. de Arnim.

=

Wissowa, Religion und Kultus der Römer (= Iw. Müllers Handbuch V, 4).

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Meine Abhandlungen De Ciceronis Tusculanis disputationibus, Über das zweite Buch der Tusculanen, De Posidonio libris ñɛì ñάðŵv habe ich mit 'Gött. Progr. 1909', 'Hermes 44', 'Fleck. Jahrb. Suppl. XXIV' zitiert. Über die Handschriften vgl. den Schluß der Einleitung.

Ciceros Philosophie.

Die Einwirkung der griechischen Philosophie auf die Römer. Als Cicero zum Manne heranwuchs, war die griechische Philosophie in Rom längst zur geistigen Macht geworden. Freilich hat gerade das System, das in Italien selbst seinen Sitz hatte, keinen nennenswerten Einfluß auf das Geistesleben der Römer gewonnen; denn als diese für die Aufnahme philosophischer Gedanken reif geworden waren, hatte der Pythagoreismus keine Lebenskraft mehr, wenn auch natürlich seine wichtigsten Lehren noch bekannt waren. Desto mehr mußten die mächtig aufstrebenden hellenistischen Philosophenschulen darauf bedacht sein, wie sie schon einen großen Teil des Orients mit ihren Ideen durchtränkt hatten, auch in der Hauptstadt des Westens Anhänger zu gewinnen. Nach dem zweiten punischen Kriege hat ihre Propaganda mit Nachdruck eingesetzt. Bald gab es in Rom selbst ansässige berufsmäßige Lehrer der Philosophie. Noch mehr aber wirkten die gelegentlichen Vorträge der griechischen Gelehrten, die infolge des gesteigerten Verkehrs bald als politische Vertreter ihrer Heimat, bald aus privaten Interessen, bald auch als Gefangene nach der Hauptstadt der Vormacht kamen. Der Boden war für sie schon lange geebnet durch die Dichtung, die an griechische Vorbilder sich anlehnte, mit griechischen Verhältnissen und grieschischen Gedanken vertraut machte. Schon konnte ein Mann wie Ennius (204 in Rom, † 169), der in dem nur 10 Meilen von Tarent belegenen Städtchen Rudiä geboren und von Jugend an mit griechischer Bildung vertraut war, es wagen, von den euripideischen Dramen bei der Übertragung solche zu wählen, die wegen ihres philosophischen Gehaltes bekannt waren, die pythagoreische Lehre von der Seelenwanderung in seinen Annalen zu verwerten, ja auch in besonderen Werken naturphilosophische Gedanken und die rationalistische Mythendeutung des Euhemeros (vgl. über sie zu I, 28) in römischem Gewande vorzutragen.

In einem seiner Stücke läßt Ennius Neoptolemus die Worte aussprechen:

,,Philosophie ist mir Bedürfnis, doch als Beruf möcht' ich sie nicht."1) Die programmatische Bedeutung, die vielfach später die Römer diesem Satze beigelegt haben, hat er wohl schon nach

1) Vgl. die Anm. zu II, 1.

Cic. Tusc. v. Heine-Pohlenz. I.

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